Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 29. (1976)
SCHOBER, Richard: Die Tiroler Konservativen in der Ära Taaffe
Die Tiroler Konservativen in der Ära Taaffe 277 IV Nicht nur die Abkehr der Italiener vom Konservativen Klub schwächte die Partei, sondern auch das Problem Zallinger, das immer stärker für die Tiroler Konservativen von Bedeutung wurde. Im Reichsrat traten die Gegensätze zwischen dem Bozener Abgeordneten und den konservativen Tiroler Mandataren immer stärker hervor und zeigten dem politischen Gegner, der Linken, offen die Uneinigkeit in den konservativen Reihen. Zallinger stimmte gegen die auf dem Boden der josephinischen Gesetzgebung stehende Kongruavorlage der Regierung, obwohl sie als provisorische Aushilfe vom Episkopat akzeptiert worden war. Die Bischöfe hatten sie unter einer deutlichen Rechtsverwahrung gebilligt, um die Geistlichkeit mit entsprechenden Einkünften zu versorgen. Erst in der dritten Lesung ließ sich Zallinger herbei, der von seiner Partei und den Bischöfen angenommenen Vorlage zuzustimmen. Noch offener zeigte sich der Bruch zwischen Zallinger und seiner Partei bei der Verhandlung der Gebührennovelle. Besonders den Tiroler Konservativen war es gelungen, die Regierungsvorlage durch ihren Einfluß für Tirol günstiger zu gestalten. Zallinger sollte diese Errungenschaften in der Spezialdebatte vertreten. Als der niederösterreichische Abgeordnete Ruf jedoch die Bestimmungen für die Realitätenbesitzer und Gewerbetreibenden zu hart fand, stimmte Zallinger mit einem Teil des Liechtensteinklubs gegen die Regierung und brachte die Vorlage zu Fall. In der Nordbahnfrage trat der Liechtensteinklub zusammen mit der Linken für die Verstaatlichung ein, die die Konservativen ablehnten. Zallinger arbeitete bei den Verhandlungen um diese eminent wichtige politische Frage so eng mit der Linken zusammen, daß ihn der Pole Bilinski als neuerstandenen Führer der Linken bezeichnete75)! Zallinger wandte sich in dieser Frage nicht nur gegen den Hohenwartklub, sondern auch gegen seine eigenen Gesinnungsgenossen im Liechtensteinklub, dessen Führer Fürst Alfred Liechtenstein er über seine Haltung nicht einmal informierte 76). Die erste Rede, die Dr. Kathrein am 28. Februar 1885 im Abgeordnetenhaus hielt, war eine deutliche Replik auf die politischen Vorstellungen des Bozener Dissidenten, der immer wieder seinen konservativen Kollegen vorwarf, sie setzten sich zu wenig für die katholische Volksschule ein. Die Ausführungen Kathreins richteten sich auch gegen die Agitation Zallin- gers für ein deutsches konservatives Zentrum. Er verlangte in seiner Rede die katholische Schule im Namen der Gewissensfreiheit und trat 75) Andreas Hofer, Beilage zu Nr. 28 ex 1885: Bemerkungen über die Flugschrift, welche Herr Franz von Zallinger am 6. Mai zu den Reichsratswahlen veröffentlicht hat. 7f>) Neue Tiroler Stimmen 1885 Juni 18.