Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 29. (1976)
SCHOBER, Richard: Die Tiroler Konservativen in der Ära Taaffe
276 Richard Schober Nicht zuletzt durch die straffe Führung der Wahlen, was vor allem Kath- rein zu danken war, schnitten die Konservativen recht gut ab. In ihrer Domäne, den Landgemeinden, siegten nur Konservative, aber auch in den Städten hatten sie leichte Gewinne zu verzeichnen. Besonders auffallend war der hohe Sieg im Eisack- und Pustertal. Die Partei hatte somit ihre erste große Krise und auch den Fall Schenk leidlich gut überstanden. Die Vorkommnisse in Bozen hatten andererseits gezeigt, daß in der Partei Kräfte am Werke waren, die durchaus, wenn man ihnen nicht entgegentrat, in der Lage waren, die Einheit der Partei zu sprengen. Es gab jedoch auch positive Anzeichen: Die von Kathrein für November einberufene Konferenz in Gries, die die Einigkeit der Presse wiederherstellen sollte, dürfte zumindest vorübergehend von Erfolg gekrönt gewesen sein, denn der konservative Baron Biegeleben gratulierte Kathrein dazu. Jetzt war man der Ansicht, daß die Partei mit den Dissidenten Zallinger und Di Pauli leichter fertig werden könne 72). Eine gewisse Schwächung erlitt die Partei nach den Wahlen dadurch, daß die italienischen Konservativen Welschtirols einen eigenen Klub bildeten. Sie waren dazu durch die italienischen Nationalliberalen gezwungen worden, die zum ersten Mal seit dem Bestehen des Landtages an dessen Beratungen teilnehmen wollten, um ihre Autonomieforderungen durchzusetzen. Die italienischen Konservativen konnten es sich nicht leisten, diese Bestrebungen nicht zu unterstützen; um politisch überleben zu können, mußten sie dem deutschen konservativen Klub den Rücken kehren, denn dieser lehnte jedes Zugeständnis in der Autonomiefrage ab. Da es jedoch zu keinem Zusammenschluß zwischen Nationalliberalen und den deutschen Liberalen kam, blieb das Kräfteverhältnis liberal-konservativ im Landtag ungefähr gleich. Mit dieser Klubbildung wurden die Weichen zu einer Entwicklung gestellt, die zum späteren Bündnis der nationalliberalen und konservativen Italiener führte 73). Bei der Haltung der Landtagsmajorität und der Regierung war ein Erfolg in der Autonomiefrage unmöglich. Als die italienischen nationalliberalen Abgeordneten am 15. Juli einen Antrag auf Errichtung eines italienischen Kreises mit eigenem Kreistag und Kreisausschuß stellten, lehnte die konservative Landtagsmehrheit, ebenso wie die deutschen Liberalen, ab. Da auch der Statthalter als Vertreter der Regierung sich für die Einheit des Landes Tirol aussprach, war jede weitere Debatte aussichtslos 74). 72) Ebenda: Baron Di Pauli an Kathrein, 1883 November 17 Kaltem. 7S) Ott Geschichte Tirols 1 171; Karl Bier Der Autonomiekampf der Welschtiroler (Veröffentlichungen des Museum Ferdinandeum 16 [Innsbruck 1938]) 448. 74) Ebenda.