Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 29. (1976)
SCHOBER, Richard: Die Tiroler Konservativen in der Ära Taaffe
274 Richard Schober Deutschen aufriefen, was die Konservativen natürlich wieder aus Rücksicht auf die die Regierung unterstützenden Slawen ablehnen mußten 62). In das eben geschilderte Dilemma waren die Konservativen wegen der Schulfrage geraten, deren Lösung sie sich trotz allem noch immer von der Regierung Taaffe erwarteten. In dieser Frage konnten sie nämlich mit keinerlei Entgegenkommen im liberalen Lager rechnen. Mit Rücksicht auf die Schulfrage aber waren sie gezwungen, eine unglaubwürdige Politik zu betreiben, die darin gipfelte, daß sie im Landtag lautstark die Milderung der Gebäudesteuergesetze verlangten, für deren Härte sie selbst im Reichsrat gestimmt hatten 63). Für bescheidene Erfolge in ihrer Herzensangelegenheit stützten sie die Regierung. Zum Lohn für die Treue der Tiroler Konservativen brachte Taaffe zu Anfang des Jahres 1883 eine Schulnovelle im Herrenhaus ein, die einige kleinere Zugeständnisse im konfessionellen Sinne enthielt. Als die Vorlage im April ins Abgeordnetenhaus kam, verlangte der Tiroler Abgeordnete Giovanelli wohl weiterhin ein „katholisches“ Volksschulgesetz, um den Rechtsstandpunkt zu wahren, seine Partei stimmte jedoch für die Novelle, da sie einige Erleichterungen brachte 64). III Die Konservative Partei hatte also mit mannigfachen Schwierigkeiten zu kämpfen, die ihr in erster Linie die oppositionelle Gruppe um den Bozener Abgeordneten Zallinger bereitete. Deshalb waren die Konservativen vor den Landtagswahlen 1883 vor allem bestrebt, Einigkeit zu demonstrieren. Zu diesem Zweck hatte schon im Herbst 1882 der junge und dynamische spätere Abgeordnete und Landeshauptmann Dr. Theodor Kathrein dem alten Parteiführer Anton Di Pauli Vorschläge zu einer Neuorganisierung der Partei gemacht, die schließlich im Juni 1883 zu neuen Statuten führten. Diese boten nichts Neues, sondern präzisierten vor allem die alten Bestimmungen65). Einen weiteren, bedeutenderen Schritt zur Einigkeit und Konsolidierung der Partei tat Kathrein, als er am 12. Februar 1883 in Brixen einen weitgehenden Konsens bezüglich der Kandidaten für die Landtagswahl im Wahlausschuß zustande brachte und erreichte, daß Angriffe auf die Zallinger-Gruppe in der Presse unterblieben 66). Zallinger, der die Aussichtslosigkeit seiner Kandidatur wohl eingesehen hatte, erklärte, daß er selbst nicht kandidieren wolle, empfahl jedoch in einem Gespräch mit Kathrein seinen Gesinnungsgenossen Expositus 62) Neue Tiroler Stimmen 1882 August 4. 63) Sten. Ber. TL V/5/15, 1882 Juni 24 und V/5/12, 1882 Juli 15. 64) ott Geschichte Tirols 3 946 f. 63) D i P a u 1 i Anton Di Pauli 596. 66) TLA Nachlaß Kathrein: Protokoll, 1883 Februar 12 Brixen.