Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 29. (1976)

SCHOBER, Richard: Die Tiroler Konservativen in der Ära Taaffe

Die Tiroler Konservativen in der Ära Taaffe 265 nische Dinge betraf: Die Schulpflicht sollte nur bis zum zwölften Lebens­jahr bestehen, wobei der Landesgesetzgebung anheimgestellt wurde, jene bis auf das vierzehnte Lebensjahr, wie es das Reichsvolksschulgesetz vor­sah, auszudehnen 22 23). Dies war wohl ein Anliegen der Konservativen, die sich damit vor allem für die Bedürfnisse der Landbevölkerung einsetzten, es brachte sie jedoch nicht ihrem Hauptziel, der konfessionellen Schule, näher. II Die Regierung Taaffe hatte bereits im Februar 1880 große Schwierig­keiten. Die Rechte wollte unbedingt den Justizminister Stremayr, der auch Leiter des Unterrichtsministeriums war, von dieser Funktion ent­fernen und schlug Baron Kriegsau als Nachfolger vor. Stremayr war bei den Konservativen der bestgehaßte Liberale, denn er hatte bedeutenden Einfluß auf die Beseitigung des Konkordates gehabt und versuchte auch im Ministerium Taaffe alles daranzusetzen, um die Kulturpolitik der liberalen Ära, besonders das Reichsschulgesetz, aufrecht zu erhalten. Taaf­fe ließ jedoch seine konservativen Verbündeten im Stich. Er ernannte nicht Baron Kriegsau, der als Klerikaler galt, sondern Baron Conrad von Eibesfeld, der von den konservativen Neuen Tiroler Stimmen folgender­maßen apostrophiert wurde: „Die Entscheidung ist vorläufig nicht kalt und nicht warm. Der neue Unter­richtsminister ist ein Bureaukrat, der unter der bisherigen liberalen Regie­rung seine Carriere gemacht hat“ 2S). Kriegsau, dem das Finanzministerium gegeben wurde, obwohl er sich nie mit finanziellen Fragen beschäftigt hatte, war Taaffe offenbar für den Posten des Unterrichtsministers zu konservativ erschienen. Die Liberalen hatten ebenfalls einmütig abgelehnt, sowohl die gemäßigten als auch die radikalen 24). Die Erfahrungen, die die Konservativen mit Conrad von Eibesfeld mach­ten, bestätigten ihre Befürchtungen. Der Minister war nicht bereit, dem Antrag des Konservativen Lienbacher zu entsprechen, und wollte die Schulpflicht bis zum zwölften Lebensjahr nur der Landbevölkerung allein konzedieren. Die Konservativen drängten auf seine Entfernung, die sie auch am 5. November 1885 erreichten25), und befanden sich somit in einer schwierigen Lage. Sie hatten sich zur Regierungspartei emporgear­beitet, verfügten jedoch nicht über die Macht, tatsächlich entscheidend auf die Politik des Ministeriums Einfluß zu nehmen. Dies bedeutete für die Partei in Tirol eine eminente Gefahr. Mit großem Jubel hatte man 22) St. Prot. IX Beil. 135. 23) Neue Tiroler Stimmen 1880 Februar 19. 24) Neue Tiroler Stimmen 1880 Februar 18. 25) C z e d i k Ministerien 1 342.

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