Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 29. (1976)

SCHOBER, Richard: Die Tiroler Konservativen in der Ära Taaffe

264 Richard Schober tät im Reichsrat gebracht und damit die Reichseinheit und das nationale Gewicht der Deutschen untergraben hätte. Der Deutsch-Konservative Par­teitag erklärte, „daß er in den bisherigen Handlungen der gegenwärtigen Regierung eine Schädigung oder Gefährdung der deutschen Nationalität nicht zu erkennen vermöge“ 17). Im Überschwang des Gefühles, nun endlich den Liberalismus in Öster­reich-Ungarn gebrochen zu haben, schrieb das Hauptorgan der Konserva­tiven in Tirol, die Neuen Tiroler Stimmen: „Der Konservativismus ist in Österreich eine Macht, ein Schutzwall dem Throne nicht blos in guten Ta­gen, ein Freund des Volkes in seiner durch eine liberale Ära verschulde­ten Not“ 18). Hinter dieser Freude an der errungenen vermeintlichen Macht mußte zu­nächst auch das Hauptanliegen der Partei zurückstehen, die Revision der liberalen Reichsvolksschulgesetze. Im Tiroler Landtag wurde seit Jahren das erste Mal kein Schulantrag eingebracht. In einem Bericht an den Minister für Kultus und Unterricht zeigte der Statthalter die Gründe auf, die die Konservativen zu dieser Haltung ver- anlaßten: Wenn die konservative Partei absehe, die Schulfrage in der Landtagssession zu erörtern, so geschehe dies deshalb, um ohne Aufgabe ihres Standpunktes einer ihren Intentionen in versöhnlicher Weise ent­gegenkommenden Regierung jetzt keine Schwierigkeiten zu bereiten und freie Hand für die Zukunft zu wahren 19). Nur im Reichsrat startete man einen kleinen Versuch, um die konser­vative Anhängerschaft zu befriedigen. Prinz Alois Liechtenstein beantrag­te am 5. Februar im Reichsrat einen Gesetzentwurf, damit „der Über­bürdung der Gemeinden und der Länder mit Auslagen für die Volks­schulen die geeignete Abhilfe gewährt, und den grundgesetzlich festge­legten Rechten der Landesgesetzgebung, sowie den religiösen, sittlichen und nationalen Bedürfnissen der Bevölkerung die volle Berechtigung zu Theil wird“20). Nachdem jedoch Taaffe im Namen der Regierung am 18. Februar 1880 erklärt hatte, daß er wohl an den Reichsvolksschulge­setzen festhalte, solange sie in Kraft seien, jedoch auch eine Erfahrung von zwölf Jahren über ihre Auswirkungen mitberücksichtigt werden müs­se — er also eine Modifizierung nicht ausschließe —, gab Liechtenstein sich zufrieden und zog seinen Antrag zurück 21). Auf eine vage Versprechung des Ministerpräsidenten gaben die Konservativen schon nach. In der glei­chen Sitzung hatte Georg Lienbacher, ein Salzburger konservativer Abge­ordneter, ebenfalls einen Schulantrag eingebracht, der jedoch nur tech­17) Neue Tiroler Stimmen 1880 November 23. is) Neue Tiroler Stimmen 1880 November 24. i®) TLA Statth. Präs. 2074: Statthalter an MCU (= Minister für Cultus und Unterricht) 1880 Juli 16. 2») Stenographische Protokolle über die Sitzungen des Hauses der Abge­ordneten (= St. Prot.) IX Beil. 134. 2i) St. Prot. IX/48 von 1880 Februar 18, S. 1379 und 1412.

Next

/
Thumbnails
Contents