Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 29. (1976)

SCHOBER, Richard: Die Tiroler Konservativen in der Ära Taaffe

Die Tiroler Konservativen in der Ära Taaffe 263 derungen stellen und in nationaler Hinsicht in Trient ausgleichend wir­ken würde. Für die Konservativen Tirols war die Besetzung der Bischofsstühle von größter Bedeutung, denn sie sahen in den Oberhirten des Landes ihre eigentlichen Führer, deren Autorität sie für ihre Zwecke, sowohl der Re­gierung als auch dem zum großen Teil tiefgläubigen Tiroler Volk gegen­über, benützen wollten. Die Ernennung von Leiß zum Brixener Bischof war so ziemlich das Schlimmste, was ihnen passieren konnte, denn er galt als liberal, seitdem der von den Liberalen beherrschte Innsbrucker Ge­meinderat sich 1862 für ihn als Stadtpfarrer entschieden hatte 14). Das Urteil des konservativen Führers Ignaz Giovanelli über die beiden neuernannten Bischöfe mag die Mißstimmung in den klerikalen Kreisen beleuchten. Er schrieb seinem Freund und politischen Gesinnungsgenossen Anton Di Pauli: „Es ist Gefahr vorhanden, daß wir ein paar schwache, josefinische Bischöfe mit byzantinischer Servilität erhalten, deren Österreich leider schon mehr hat. Was für Folgen daraus für den Klerus und den Landtag entstehen in der Frage der Glaubenseinheit, der Schulfrage, in Bezug auf Pfründenbesetzung, Klöster, Seminarunterricht, brauche ich nicht auszuführen“ 15). Noch bevor Taaffe am 14. August 1879 die Regierung übernommen hatte, waren die Tiroler Konservativen von ihm restlos enttäuscht, denn man wußte, daß Stremayrs Ministerium nur von kurzer Dauer sein werde und daß Taaffe als künftiger Regierungschef bei der Bischofsfrage die Hand im Spiele gehabt hatte. Die Zusammensetzung seines Kabinettes schließlich entsprach der Poli­tik, die er betreiben wollte: eine „kaiserliche“, dem Ausgleich dienende. Indem der neue Ministerpräsident Korb-Weidenheim in seine Regierung als Landesverteidigungsminister aufnahm, machte er eine tiefe Verbeu­gung vor dem verfassungstreuen (liberalen) deutschböhmischen Grund­besitz. Andererseits berief er auch Graf Julius Falkenhayn als Ackerbau­minister, der ein entschiedener Parteigänger der Konservativen war. Die Tschechen bekamen als Lohn für ihren Eintritt in den Reichsrat einen Minister ohne Portefeuille, Dr. Baron Alois Prazak (Landmannminister). Mit insgesamt vier Ministern einschließlich Taaffe selbst stand die Rechte den Liberalen gleich stark gegenüber 16). Die Konservativen unterstützten trotz ihrer Enttäuschung über die Be­setzung der Bischofsstühle die Regierung tatkräftig. Auf dem Deutsch- Konservativen Parteitag von Linz am 21. November 1880, der von 9000 Teilnehmern besucht wurde, nahmen sie das Ministerium vor den An­griffen der Deutsch-Liberalen in Schutz, die auf ihrem Parteitag zu Wien der Regierung vorgeworfen hatten, daß sie die Deutschen um ihre Majori­14) Ott Geschichte Tirols 1 115. 15) D i P a u 1 i Anton Freiherr Di Pauli 549 f. 16) Alois v. C z e d i k Zur Geschichte der k. k. österreichischen Ministerien 1 (Teschen—Wien—Leipzig 1917) 305.

Next

/
Thumbnails
Contents