Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 29. (1976)
SCHOBER, Richard: Die Tiroler Konservativen in der Ära Taaffe
262 Richard Schober Die Hand Taaffes, der als Minister des Innern im Übergangskabinett Stre- mayr seine Machtübernahme vorbereitete, hatte schon die Besetzung der beiden Bischofsstühle in Brixen und Trient im Jahre 1879 gezeigt. Vom Leiter des Übergangskabinettes Stremayr, der auch das Unterrichtsministerium führte, wurde Johann Leiß zu Laimburg 7), der langjährige Dekan von Innsbruck, für Brixen ernannt, dem Taaffe schon während seiner Zeit als Statthalter in Tirol immer nur Lob gezollt hatte. So hatte er am 22. Jänner 1874 nach Wien berichtet: „Von Leiß, dessen Charakter, Wandel, Bildung und Umgangsformen schon der Fürstbischof [Vinzenz Gasser] erwähnt, ist ein Priester, welcher es versteht, ohne seinen kirchlichen Vorgesetzten irgend einen Anlaß zur Klage zu bieten, sich bekannten ausgebreiteten Strömungen gegenüber eine gewisse Selbständigkeit zu bewahren [damit waren die radikalen Klerikalen gemeint], Mäßigung zu üben, Frieden zu halten, und der Regierung Schwierigkeiten und unliebsames Eingreifen zu ersparen“ 8). Als Leiß den Bischofsstuhl von Brixen am 16. Juni 1879 dekretiert bekam, konnte Taaffe die Gewißheit haben, in der größten Diözese Tirols einen Bischof zu bekommen, der der Regierung nur im äußersten Notfall Schwierigkeiten machen würde. Natürlich waren die Konservativen von dieser Entscheidung Stremayrs nicht angetan, nachdem Männer wie Dr. Simon Aichner, ein enger Vertrauter des alten Kämpfers Vinzenz Gasser, übergangen worden waren 9). Ebenso hatte der Salzburger Kapitelvikar Johannes Haller keine Chance, weder für Brixen noch für Trient, denn er wurde, wie ein konfidentieller Brief an den Statthalter Widmann es ausdrückt, für einen „politischen und nationalen Fanatiker“ gehalten 10 *). Bei ihm lief nach Aussage des Statthalters die Regierung Gefahr, daß er den ganzen italienischen Klerus ins nationale Fahrwasser treibe u). Johann Jakob Deila Bona war als Kandidat der Regierung für Trient ebenfalls ein Mann, von dem keine unfreundlichen Aktionen zu befürchten waren. Vier Jahre lang hatte er als Schulrat in Tirol unter dem Erzherzog-Statthalter Carl Ludwig (1855—1861)I2) gedient, der es sehr bedauerte, als Deila Bona 1860 nach Venedig versetzt wurde 13). Als Deila Bona am 16. Juni 1879 zum Fürstbischof von Trient ernannt wurde, hatte die Regierung auch bei ihm die Gewißheit, einen Mann zum Bischof gemacht zu haben, der ihr willfährig war, keine klerikal-radikalen For7) Johann Nepomuk Di Pauli Anton Freiherr Di Pauli (Schlernschriften 19 [Innsbruck 1931]) 550. 8) Tiroler Landesarchiv (= TLA) Statthalterei Präsidiale (= Statth. Präs.) 178 ex 1874. 9) Ebenda Geheime Präsidiale 48/2917: Statthalter an Minister für Cultus und Unterricht, 1879 Dezember 6. 19) Ebenda: Konfidentielles Schreiben mit unleserlicher Unterschrift an Statthalter. u) Ebenda. lä) Ebenda. 13) Über den Erzherzog-Statthalter Carl Ludwig vgl. Bundsmann Landeschefs 42 ff.