Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 29. (1976)

BAXA, Jakob: Friedrich von Klinkowström und Friedrich Perthes. Literatur und Religion in Romantikerbriefen

Klinkowström und Perthes 257 waren brausend — ich aber auch — lassen wir das. Wir sind nicht weit mehr entfernt, wo uns durch Gottes Gnade die Wahrheit in Klarheit, die Liebe in Reinheit werden wird, wie hienieden zu erlangen uns Armen nicht möglich ist — dann werden wir erkennen, was Kern und was Form war — und nur über die Form ist unter uns Differenz — ich will aber mit dem ,n u r‘ nicht zu viel sagen, denn diese ist sehr viel in dieser Pilgrimschaft — ohne die rechte zu haben, finden wir nicht den rechten Weg. Dies auf Ihre Einleitung und nun zur Sache. Den selig. Adam Müller habe ich nie verkannt — kaum möchte noch einer seiner unbekannten und früheren Lebensperiode ihn treu so vertheidigt haben, wie ich in den Cirkeln dieser Län­der. Fest war ich stets überzeugt, daß er stets streng die Wahrheit hielt, und aus Eifer für das Wohl der Menschen allein diese Wahrheit geltend zu machen suchte. Er war ein scharfer Denker, besaß lebhafte Phantasie, war geist- und ebenso kenntnisreich — nur scheinen seine Mißgriffe als Schriftsteller darinn zu liegen, dass er das was er speculativ und als Abstraktion in sich gewann, mit dichterischem Sinn zu sehr ausstattete und darstellte, so wie er, was die Phantasie in ihm gebahr, alsbald zur formellen Theorie versteinerte. Immer wird er auch als Schriftsteller höchst schätzbar bleiben und seine Werke ver­dienen gesammelt und aufbewahrt werden. Ich aber kann der Verleger der­selben nicht seyn, vor allem weil meine Verhältnisse es nicht erlauben 2<). 27 27) Diesen Brief hat Clemens Theodor Perthes in der Biographie seines Vaters (Friedrich Perthes Leben 3 180 f) gekürzt und, teilweise mit eigenen Worten verändert, abgedruckt. Er verschweigt aber den Schluß, daß nämlich Per­thes die Herausgabe von Adam Müllers gesammelten Schriften ablehnte. — Nach diesem Mißerfolg wandten sich zuerst Pilat und am 9. Januar 1830 die Witwe So­phie von Müller an Cotta, der zunächst zur Übernahme dieses Geschäftes bereit schien, aber schon im Mai die Lust hiezu verloren hatte. Schließlich machte die französische Julirevolution diesem Plan ein jähes Ende (Adam Müllers Lebens­zeugnisse 2 1006—1012). Einige Jahre später erschienen ,Adam Müllers Ge­sammelte Schriften. Erster Band, München 1839, bey Georg Franz'. Aber dieser erste Band blieb auch der einzige. Auch heute gibt es noch keine Gesamtaus­gabe von Adam Müllers Werken, aber seine oben erwähnten Hauptschriften liegen fast alle in Neudrucken vor: ,Die Lehre vom Gegensatz' sowie die staats­wissenschaftlichen und nationalökonomischen Schriften in der von Othmar Spann herausgegebenen Sammlung ,Die Herdflamme' 1, 2, 18, 19 und die literarischen in den von Walter Schroeder und Werner S i e b e r t edierten ,Kritischen, ästhetischen und philosophischen Schriften' (2 Bände, Neuwied und Berlin 1967). Mitteilungen, Band 29 17

Next

/
Thumbnails
Contents