Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 29. (1976)

BAXA, Jakob: Friedrich von Klinkowström und Friedrich Perthes. Literatur und Religion in Romantikerbriefen

254 Jakob Baxa doch von Wichtigkeit für sie sey, wenn die Mittheilungen auch nicht so oft oder leichtsinnig schwazhaft sind, wie es das neugierige Publikum heut zu Tage verlangt. — Gründliche, zuverlässige Nachrichten sind doch wohl die besten. — Der verstorbene Struve hat mir in lezter Zeit etwas unwillig deshalb geschrieben, und dem Anschein nach wenig Werth mehr auf unsere Sendungen gelegt. Ich habe nun auch an Hartmann darüber geschrieben, weiß aber nicht, inwiefern sein Einfluss auf die eigentlichen Machthaber jener Zeitung sich erstreckt. Bey dem leidigen Partheygeiste unserer Zeit, gehen die Begebenheiten der grossen leselustigen Menge zu langsam und die Wahrheit ist ihnen zu wortarm. Die Nachricht von D. Runge’s Heirath hat mich überrascht. Ich hoffe, dass sein Wesen dadurch etwas von jener Trockenheit verlieren wird, die ich, in Ermange­lung näherer Connexionen, noch in seiner Redaktion der Börsenhalleliste23) bemerke, wo er mir, wirklich seinem zarten Gemüthe ganz zuwider, fast mit Behaglichkeit die revolutionären Erscheinungen hervorzuheben scheint. — Einem wohlgeordneten Gemüthe steht das nicht wohl an. Ich freue mich sehr, aus Ihrem Briefe zu erfahren, dass Senator Hudtwalker 24 25) zu Ihren genauen Freunden gehöre. — Leider! stehen wir, wohl nur wegen gegenseitigen Geschäftsleben — nicht in öfterem Verkehr. Ich schätze ihn eben­falls sehr hoch ... 6 Wien, den 16. Mai 1829 Mein hochverehrter Freund! So rede ich Sie dennoch an, obwohl ich bey einigem Nachdenken schwankte, ob Sie mir diesen Titel noch zugestehen wollen. — Allein ich fusse dabey auf eine alte Gewohnheit und auf ein altes Vertraun, das ich nicht so leicht ablegen kann, weil ich Sie im Grunde eben so fest an die ältesten oder vielmehr ewigen Interessen gebunden weiss, als mich selbst. — Wenn ich Ihnen, bey unserer letzten Zusammenkunft hier auch brausend erschienen bin, so mögen Sie mir immerhin denken, daß ich damals noch zu den jungen Weinen gehörte, allein seitdem bin ich um so viel älter und ruhiger geworden. — Es hätte mich sehr gefreut, das noch einmal bey Ihnen gut zu machen, und ich schrieb deshalb vor mehreren Jahren an Sie — indeß erhielt ich keine Antwort, und vielleicht kam der Brief nicht einmal in Ihre Hände. So blieb mir nichts, als der geheime Trost, daß zwischen uns niemals solche Differenzen obgewaltet hätten, als es scheinen mochte. ■— Und so denke ich noch. — Nachdem ich denn nun soviel von mir erwähnt, als mir nöthig dünkte, um nicht gleichgültig über die große Lücke unseres Verkehrs zu scheinen, gehe ich zu der eigentlichen Veranlassung dieses Schreibens über. — Die Hofräthin v. Müller (Witwe des verstorbenen23) Adam Müller) wünscht nämlich die sämmtlichen Werke ihres Mannes herauszugeben; und da sie weiß, 23) Eine Hamburger Zeitung, in der Daniel Runge über die im Jahre 1821 stattgefundenen Revolutionen in Neapel, Sardinien und Griechenland ganz im liberalen Sinne berichtete, was natürlich in Wien Mißfallen erregte. 2i) Martin Hieronymus Hudtwalker (1790—1861), Sohn eines Hamburger Großkaufmanns, Student der Rechte in Heidelberg und Göttingen, lernte auf einer Reise in Thüringen Goethe und andere Klassiker sowie in Wien Friedrich Schlegel und dessen Freundeskreis kennen, war in Hamburg Rechtsanwalt und gehörte seit 1820 dem dortigen Senat an, durch vier Jahrzehnte mit bedeuten­den Aufgaben der Hansestadt betraut. 25) Adam Müller starb am Morgen des 17. Januar 1829 am Schlagfluß in den Armen Klinkowströms, als ihm dieser ein Billet von Gentz vorlas, in dem ihn dieser vom Tode der Fürstin Antoinette Metternich verständigte.

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