Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 29. (1976)
BAXA, Jakob: Friedrich von Klinkowström und Friedrich Perthes. Literatur und Religion in Romantikerbriefen
Klinkowström und Perthes 253 Sprache der Weisheit, der Beseligung und des Friedens allein zu führen vermögen! — O! daß ich Ihnen sagen könnte, wie wir Alles Sein im Geheimniss der Zubereitungen Gottes als Einig mit uns ansehen und wie wir Sie um dess Willen noch ganz eigends lieben. — Schreiben Sie mir doch einmal wieder ... PS: Von Runge’s Tagzeiten >9) war nur 1 Exemplar in dem Packet. Noch habe ich keinen Käufer gefunden ... 5 Wien, den 12. Juli 1822 Mein theurer geehrter Freund. Ihr Schreiben hat mir eine lange gewünschte Freude gebracht! Zum Beweise dessen, antworte ich Ihnen mit der Post. — Hrn. Fleischer’s * 20) Bekanntschaft danke ich Ihnen. Leider habe ich nichts beitragen können, seinen hiesigen Aufenthalt angenehmer zu machen. Mein Hauswesen ist für ruhige Geselligkeit zu geräuschvoll, und mich zu entfernen ist äusserst schwer. — Doch habe ich mit Freuden vernommen, dass ihm Wien gefallen hat. — Einige Tage, nachdem er bey mir war, ist er abgereiset. — Ja wohl haben wir beide den schwersten Verlust erlitten, den es auf Erden giebt21)! — Wahr sagen Sie, mein theuerster Freund, daß des Herrn Wille an uns geschehen möge! — Wir wollen den Gewinn zu erlangen suchen, der in diesem Verluste verborgen liegt; uns noch näher an Gott anschließen, in dessen Vaterherzen die uns verwandten theuersten Herzen — so hoffen wir — schon vereinigt sind! — Meine Kinder haben sehr viel an ihrer trefliehen, musterhaften, verborgen hochbegnadigten Mutter verloren. Mein ältester Knabe ist erst 9 — der jüngste noch nicht 3 Jahre alt. — Auch das Institut, an dessen Spitze mich Gott durch wunderbare Fügungen gestellt hat, verlor an Ihr eine segensreiche Pflegemutter im vollen Sinn des Wortes! — Gott hat mein Hauswesen dennoch erhalten, und so muß ich nun die Sache forttreiben, solange Er will! — Seitdem wir uns nicht gesehen, ist viel an uns geschehen. — Ihren Aufenthalt in Gotha denke ich mir in vielem Betracht sehr erquickend für Sie. — Eine Ruhe nach so viel jähriger Mühe, Erholung im Kreise Ihrer Kinder, wird Ihnen Befriedigung der Seele zuführen. — Wenn Sie doch Wien noch einmal besuchen möchten! — Ich danke herzlich für Ihr Anerbieten, meine Verhältnisse zum Hamb. Korrespondenten 22) unterstützen zu wollen: Allerdings könnten Sie mir dabey sehr behülflich seyn, um das Interessante der Korrespondenz fühlbar zu machen, dass meine Korrespondenz — oder vielmehr Pilat’s, der statt mir dieselbe besorgt — >9) Erschienen als Radierungen 1807 bei Perthes in Hamburg. 20) Angesehener Buchhändler aus Leipzig. 21) Am 7. März 1821 starb die Gattin Klinkowströms (geb. von Mengershausen) bei der Geburt ihres Sohnes Aloysius. Die Tragik ihres Todes berichtet noch heute ihr wohl erhaltener Grabstein auf dem Romantikerfriedhof von Maria Enzersdorf. — Am 28. August 1821 starb die Gattin Perthes’ Caroline, geb. Claudius, zu Hamburg an einem Nervenschlag, worauf Perthes Ende März 1822 nach Gotha übersiedelte. 22) Pilat, der Redakteur des ,Oesterreichischen Beobachters', verfaßte Korrespondenzberichte für diese Zeitung, die aber unter dem Namen Klinkowströms, wahrscheinlich weil dieser als Norddeutscher dort besser akkreditiert war, abgesandt wurden und in letzter Zeit, wohl schon wegen ihres konservativen und reaktionären Gehaltes, den Unwillen des inzwischen verstorbenen Redakteurs Struve erregt hatten. Klinkowström hatte zur Bereinigung dieser Angelegenheit schon seinen Freund Hartmann, Redakteur des ,Deutschen Beobachters‘ in Hamburg, aufgefordert.