Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 29. (1976)
LAUBACH, Ernst: Karl V., Ferdinand I. und die Nachfolge im Reich
Karl V., Ferdinand I. und die Nachfolge im Reich 15 „Et soit paix ou soit guerre, pour vous advertir en secret comme ä mon bon frere, mon intención est de passer ceste anné le plustost que je pourrai en Ytalie et prendre mes coronnes, pour aprés entendre ä l’election de roi des Romains en vostre personne et pourveoir ä l’establissement des Allemagnes en bonne devocion du sainct empire. A ceste cause ferez bien de commancer ä faire voz apprestes telles quelles seront necessaires pour les choses dessusd., car ä l’aide de dieu il n’y aura point de faulte ’3)“. Damit hatte Karl sich dem Bruder gegenüber endlich auch schriftlich festgelegt: zwischen ihnen beiden war die Nachfolge Ferdinands im Reich entschieden. Es war nebenher auch als Dank für Ferdinands Einsatz in Italien für die Sache Karls gemeint und sollte seine etwaigen Ansprüche abgelten* 74 *). Für Ferdinand war außerdem besonders wichtig, daß Karl dessen Königswahl zugleich zu einer Aufgabe ersten Ranges erklärt hatte, die möglichst bald in Angriff genommen werden sollte. Von nun an ging es um die Realisierung dieser Grundsatzentscheidung. II Weder Karl noch Ferdinand konnten damals ahnen, daß bis zum Wahltag noch mehr als fünf Jahre vergehen sollten. Die Ursachen für diese lange Zeitspanne sind vornehmlich in den politischen Konstellationen zu suchen, die die Erfüllung der beiden wichtigsten Voraussetzungen für eine reibungslose Wahl so lange verzögerten. Einmal mußte Karl seine eigene Kaiserkrönung erreichen. Dazu war ein Arrangement mit dem Papst unerläßlich, damit jener die Krönung nicht durch allerlei Winkelzüge verhinderte, wie das bei Maximilian I. geschehen war. Im Zusammenhang damit war eine Stabilisierung der politischen Verhältnisse in Italien nötig, und wie sich bald herausstellte, war diese Aufgabe durch den Sieg von Pavia nicht einfacher geworden. Zum anderen mußten die Kurfürsten überzeugt werden — gleichviel ob mit politischen Argumenten oder finanziellen Zuwendungen —, daß es für das Reich und sie selber von Nutzen sei, Ferdinand neben dem Kaiser Karl zum König zu wählen. Über die Wege, die zur Bewältigung dieser Probleme einzuschlagen waren, und über die angemessene Geschwindigkeit stimmten die Auffassungen der beiden Brüder indessen nicht überein. Ferdinand war der Ansicht, man müsse das Eisen, da es einmal heiß sei, nun auch schmieden. In dem Brief, mit dem er sich für Karls Zusage bedankte, begrüßte er geradezu begeistert den Entschluß des Bruders, demnächst nach Italien reisen zu wollen, und bat sogleich um genauere 7S) 1525 März 26/31 (Korr. 1 278). Von „prendre“ bis „empire“ praktisch wörtlich aus Gattinaras Ratschlag übernommen. 74) Vgl. Salinas an Ferdinand, 1525 April 3 (Rodriguez Villa El emperador 271): Karl meine, Ferdinand das von ihm begehrte Mailand nicht geben zu können, weil er Römischer König werden solle.