Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 29. (1976)

LAUBACH, Ernst: Karl V., Ferdinand I. und die Nachfolge im Reich

16 Ernst Laubach Mitteilungen, damit er entsprechend disponieren könne; er wollte Karl offenbar auch auf einen Termin festlegen. Ferner fügte er seinem Brief schon — leider verlorene — Entwürfe zu Instruktionen und Beglaubi­gungsschreiben für Unterhändler mit den Kurfürsten bei; Karl sollte also möglichst rasch die Initiative ergreifen. Endlich bat er ihn, die finanziellen Aufwendungen, die zur Gewinnung einiger oder auch aller Kurfürsten er­forderlich wären, mitzutragen 75). Sofort zeigte sich aber, daß Karl die beiden Komplexe nacheinander und nicht nebeneinander zu behandeln gedachte, wobei die italienischen Pro­bleme für ihn die Priorität besaßen, und daß er sich seinen Handlungs­spielraum nicht von Ferdinand einengen lassen wollte. In seiner Antwort auf Ferdinands Vorschläge bezweifelte er, daß der richtige Zeitpunkt für eine Aktion bei den Kurfürsten schon gekommen sei: Er glaubte an­nehmen zu müssen, daß jene zur Zeit auch mit allem Golde Spaniens nicht für den habsburgischen Plan zu gewinnen wären, und zumal wenn sie sich das unwiderlegbare formal juristische Argument zunutze machten, daß er selbst ja lediglich Römischer König sei und eigentlich zurücktreten müßte, wenn sie einen anderen wählen sollten, könnte für ihn und Ferdi­nand großer Schaden entstehen. Darum empfahl Karl, das Projekt bis nach seiner Kaiserkrönung streng geheim zu halten. Nach seiner Krönung könne und werde er Ferdinand mit seiner ganzen Autorität unterstützen, und dann werde man allein infolge seiner Anwesenheit mit weniger Geld mehr erreichen als jetzt, da man durch unzeitiges Reden Tausende ver­geuden und alles zerstören würde. Begütigend setzte Karl etwas später hinzu, er sei dabei, mehrere deutsche Fürsten schriftlich über seine Ab­sicht, sich in Kürze krönen zu lassen, zu informieren 76). Dem so unmißverständlich in seine Schranken gewiesenen Ferdinand blieb nichts anderes übrig als sich zu fügen, zumal Karl ihm schon einen Monat später mitteilte, er sei aus verschiedenen gewichtigen Gründen — darun­ter seine Eheschließung — genötigt, die Reise nach Italien auf das nächste Frühjahr zu verschieben 77). Die Ankündigung, der Kaiser werde bald ins Reich kommen, hatte Ferdinand nicht für sich behalten 78). Aber er ver­sicherte dem Bruder, er habe den Gedanken an seine eigene Königswahl bislang vor jedermann mit Ausnahme seiner engsten Berater verschwie­gen, sei auf vertrauliche Anfragen von kurfürstlicher Seite nicht eingegan­gen und sei ganz damit einverstanden, die Ankunft Karls im Reich abzu­warten 79). Fortan unterließ Ferdinand, Karl in der Königswahlfrage mit konkreten Vorschlägen zu bedrängen. Aber er kam in seinen Briefen immer wieder 75) 1525 Mai 4 (Korr. 1 295). Ein Sondergesandter sollte diese Punkte außer­dem mündlich vortragen (ebenda 300). 7®) 1525 Juni 25 (ebenda 305 ff). 77) Korr. 1 314. 79) Vgl. Friedensburg Reichstag zu Speier 35 Anm. 1. 79) 1525 September 1 (Korr. 1 323).

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