Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 29. (1976)
LAUBACH, Ernst: Karl V., Ferdinand I. und die Nachfolge im Reich
Karl V., Ferdinand I. und die Nachfolge im Reich 13 Papstes zu Karl hatte Ferdinand wohl etwas euphemistische Vorstellungen: Clemens VII. nahm zwar in den ersten Monaten seines Pontifikats eine wohlwollend neutrale Haltung ein, schwenkte aber Ende 1524 offen auf die französische Seite58). Damit entfiel die wichtige Prämisse Ferdinands, daß der Papst den Wünschen der Habsburger entgegenkommen würde, für längere Zeit. Überhaupt hatte sich die allgemeine politische Situation im Spätherbst, als Bre- dam endlich in Spanien ankam59), zu Ungunsten der Habsburger verändert. Am 26. Oktober eroberten die französischen Truppen Mailand. Wenn Ferdinands ständiger Vertreter am spanischen Hof, Salinas, noch im August hatte melden können, die baldige Reise des Kaisers nach Rom zur Krönung sei ein Hauptgesprächsthema 60), so war nun davon keine Rede mehr. Bredam hatte sogar Mühe, sich seines Auftrages bei Karl überhaupt zu entledigen, und mittlerweile waren einige Punkte aus seiner Instruktion überholt: Den angestrebten Termin für den Beginn der Wahlverhandlungen, die Reichsversammlung im November, hatte Ferdinand fallen gelassen 61) — vielleicht auch aus Sorge, die antihabsburgisch eingestellten Fürsten könnten dort ihren Königsplan ins Werk setzen 62 *). Und seine Ehevorschläge für die beiden Schwestern, die dem Gewinn von Kurstimmen dienen sollten, kamen insofern zu spät, als die jüngste Schwester Katharina schon dem König von Portugal verlobt worden war. Dennoch brachte die Sendung Bredams Ferdinand schließlich wichtige Teilerfolge: Karl stimmte diesmal zu, seinen Verzicht auf Tirol, die österreichischen Vorlande und Württemberg schon jetzt bekannt zu geben, so daß Ferdinand nun auch in diesen Territorien als Landesherr auftreten konnte68). Ferner verstärkte er Ferdinands Position im Reich dadurch, daß er ihn zu seinem Statthalter im Reich auch für den Fall der Auflösung des Reichsregiments ernannte 64 65). In der Königsfrage aber erreichte Ferdinand nicht mehr, als ihm schon mehrmals zugesichert worden war, obwohl Salinas sich bemüht hatte, unter den politischen Beratern Karls dafür Stimmung zu machen6ä), und obgleich weitere Meldungen über angebliche Pläne der Kurfürsten, einen Römischen König zu wählen, 58) Müller Römische Kurie 18. 59) Er kam am 18. Oktober 1524 am Hofe Karls an (Bauer Anfänge 229). eo) 1524 August 15 (RodriguezVillaEl emperador 205). 61) Die „Nationalversammlung“ in Speyer wurde von Karl mit Zustimmung Ferdinands wegen ihrer religionspolitischen Intentionen verboten (vgl. Korr. 1 210 f: Ferdinand an Karl, 1524 August 14). 62) Dazu Wolff Fürstenschießen 677; Walter Friedensburg Der Reichstag zu Speier 1526 (Berlin 1887) 23. **) Die Zustimmung ergibt sich aus Korr. 1 255. Die Publikationsurkunde, 1525 Februar 15, gedruckt bei Bauer Anfänge 260—264. Vgl. dazu auch das Vorwort von Berthold Sutter zum Neudruck des Werkes von Bucholtz (s. Anm. 51) 1 (Graz 1971) 126*. 64) Urkunde (1525 Februar 20) im Auszug bei Bauer Anfänge 234 Anm. 1. 65) Vgl. seine Berichte bei Rodriguez Villa El emperador 232 und 236.