Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 29. (1976)
LAUBACH, Ernst: Karl V., Ferdinand I. und die Nachfolge im Reich
12 Ernst Laubach französischen Königshof zu schicken, durch energisches Auftreten vereitelt 49). Er hatte recht mit der Feststellung, daß das Reichsregiment die schwierigen Probleme in Deutschland nicht zu bewältigen vermöge, zumal die Fürsten diese von ihnen einst geforderte Institution loszuwerden trachteten, weil sie ihren Intentionen nicht entsprach50). Die allgemeinen Zustände im Reich und insbesondere die Gefahr, es könne ein anderer Römischer König gewählt werden, stellte Ferdinand wohl etwas zu bedrohlich dar. Doch auch der kaiserliche Kommissar Hannart hat mehrmals von Praktiken einiger Fürsten berichtet, die die Wahl eines neuen Römischen Königs anstrebten, weil sie mit den Regierungsverhältnissen im Reich und Karls langdauernder Abwesenheit unzufrieden seien 51). Hannart nannte als „Kandidaten“ die Kurfürsten von der Pfalz und von Brandenburg, erwähnte einschlägige Umtriebe Franz’ I. und deutete an, es handele sich möglicherweise um Gegenprojekte wegen Ferdinands Aspirationen auf die römische Königskrone52). Das Gerücht, Ferdinand strebe nach dieser Würde, gab es allerdings seit geraumer Zeit53 *). Und auf einem — von Ferdinand in der Instruktion kurz erwähnten und kritisierten — Treffen einer großen Zahl von süddeutschen Fürsten in Heidelberg sind mit einiger Wahrscheinlichkeit Pläne für eine bayerische Königskandidatur geschmiedet worden M). Durch Hannarts Berichte wird weiter Ferdinands Behauptung bestätigt, einige Stände hätten bereits auf dem letzten Reichstag von Karl ein Aufwerfen der Wahlfrage erwartet 55). Trotz Hannarts gegenteiliger Meldungen ist anzunehmen, daß es unter den Reichsständen auch Befürworter der Erhebung Ferdinands gab56): Kurfürst Albrecht von Mainz war zwar kaum ein überzeugter Anhänger der Habsburger, doch ist wahrscheinlich gemacht worden, daß er Ferdinand darüber informiert hat, was damals im Kreise der rheinischen Kurfürsten über Wahlfragen gesprochen wurde57). Von der Zuneigung des 49) Brandi Karl V. 1 156. 50) Vgl. Heinz Angermeier Die Reichsregimenter und ihre Staatsidee in HZ 211 (1970) 301 ff. 51) Außer seinen Anm. 30 genannten Berichten: an Karl, 1524 September 1, bei Franz Bernhard von Bucholtz Geschichte der Regierung Ferdinand I., 9 Bände (Wien 1831—1838), hier 2 70 f, und Bauer Anfänge 218 Anm. 4. Vgl. auch Franz H a f f n e r Die Konzilsfrage auf dem Reichstag zu Speyer im Spiegel der damaligen außen- und innenpolitischen Situation in Blätter für Pfälzische Kirchengeschichte 37/38 (1970/71) 67 f. 52) RTA 4 693. 53) Vgl. RTA 4 628 f (n. 159) und 629—631 (n. 160). 5*) Dazu Wolff Fürstenschießen 664 ff; Ferdinands Kritik in Korr. 1 155. 55) Wie Anm. 52. 5«) Man denke an die Äußerung der Reichsstädte (siehe oben S. 7); vgl. auch Gerhard Müller Die römische Kurie und die Reformation 1523/34 (Gütersloh 1969) 38. 6Ü Wolff Fürstenschießen 675 f zitiert aus einem Konzept des Hochmeisters Albrecht von Preußen, der darin behauptete, Kurfürst Albrecht werde bei einer Wahl seine Stimme Ferdinand geben.