Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 29. (1976)

LAUBACH, Ernst: Karl V., Ferdinand I. und die Nachfolge im Reich

8 Ernst Laubach Sein im großen und ganzen recht wirkungsvoller Einsatz für die Belange Karls während des Nürnberger Reichstages im Frühjahr 1524, ferner die dort vorgebrachten starken Angriffe der Reichsstände gegen das Reichs­regiment und wohl auch mehrere Meldungen über Erfolge der kaiser­lichen Partei in Italien31) mögen Ferdinand ermutigt haben, dem Bru­der erneut eine baldige Initiative in der Königsfrage nahezulegen, und zwar schon für den nächsten Reichstag. Er tat das im Rahmen einer groß angelegten Erörterung der politischen Situation, der in ihr liegenden Möglichkeiten und Gefahren für den Kaiser, das Haus Österreich und ihn selbst, die uns in seiner auf den 13. Juni 1524 datierten Instruktion für seinen Sondergesandten Bredam vorliegt32). Natürlich ließ er Karl nebenbei auch wieder an das einmal gegebene Ver­sprechen erinnern — er kleidete das diesmal in seinen Dank für die vor einem Jahr von Karl geäußerte grundsätzliche Zustimmung und Bereit­schaft zu helfen33 *). Vorherrschend ist aber das Bemühen, den Bruder mit politischen Argumenten zu überzeugen, daß seine Erhebung zum Kö­nig das erfolgversprechendste Mittel sei, bei der fortdauernden Abwesen­heit Karls die politischen Probleme in Deutschland zugunsten der Sache des Kaisers — und des gemeinsamen Hauses Österreich — zu dirigieren. Zur Erhärtung dieser These schildert Ferdinand allerhand Gefahren, die durch seine Königswahl am ehesten gebannt werden würden, und zählt politische Vorteile auf, die man im Zusammenhang mit ihr erlangen könn­te. In einem zweiten Argumentenstrang, der sich mit dem ersten ver­schlingt, bemüht er sich um den Nachweis, daß die seiner Wahl entgegen­stehenden Schwierigkeiten zur Zeit verhältnismäßig leicht zu überwinden seien. Als Konsequenz ergibt sich die eindringliche Empfehlung, die er­forderlichen Maßnahmen möglichst rasch einzuleiten, damit auf der näch­sten, für den November des Jahres anstehenden Versammlung der Reichs­stände die Wahlsache in Angriff genommen werden könne84). Selbst­verständlich betont Ferdinand zwischendurch mehrmals, er strebe die Kö­nigswürde nicht aus Ehrgeiz oder um eigener Vorteile willen an, sondern damit das Ansehen des Kaisers im Reich wiederhergestellt („reparare“), gewahrt und gefestigt werde 35). 31) Korr. 1 130, 138, 131 Anm. 2. 32) Ebenda 147—192. Wichtige Punkte referiert Bauer Anfänge 210—216. 33) Die schon mehrmals herangezogene Stelle lautet: ...... cuius rei [d. i. F erdinands Erhebung zum Römischen König] tamen ipsa sponte nobis promis­sionem fecerat Bruxellis, paulo antequam novissime solveret ex Germania, quae cum memor huius verbi sui nobis per Heinricum de Emericurte... renun­tiari fecerit, se non defore nobis, ut dignitatem regiam in Germania assequamur, iamque consensu animoque suo ac deinde ope etiam et adminiculis opportunis rem ad effectum deducendam ita complexam esse,... (Korr. 1 161). si) „Deinde hortabitur eam [d. h. Karl] atque obsecrabit, ut taliter etiam animum suum applicet ad negotium electionis, quod in dicto conventu initium tractationis fieri possit...“ (ebenda 187). 35) Ebenda 161 f, 169.

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