Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 29. (1976)

LAUBACH, Ernst: Karl V., Ferdinand I. und die Nachfolge im Reich

4 Ernst Laubach keit angeführt, jene für das Haus Österreich vorteilhafte Nachfolgerege­lung im Kaisertum ins Werk zu setzen. Der Tenor der ganzen Argumentation läßt die Erwägung zu, ob hier nicht eher eine theoretische Überlegung vorgetragen wurde, als daß eine kon­krete, feste Zusage an den Bruder beabsichtigt gewesen wäre. Denn es fehlen alle näheren Angaben, wie Karl die berechtigten Ansprüche Ferdi­nands auf Ausstattung in der Zukunft zu befriedigen gedachte. In einem gleichzeitigen, eigenhändigen Brief an Ferdinand beschränkte sich Karl auf eine ganz allgemeine Versicherung — er werde sich bei seiner Ausstat­tung, die aber erst vorgenommen werden könne, wenn er das vordring­liche Ziel, das Kaisertum, erreicht habe, als guter Bruder erweisen, — und vermied darin jede Anspielung auf jene Nachfolgemöglichkeit10 *). Für Karl ging es zunächst darum, die Gefahr zu bannen, daß der jüngere Bru­der im Reich sein Konkurrent würde n). Ob eine langfristige Sicherung des Kaisertums für ihr Haus realisierbar war, hing bei den komplizierten verfassungsrechtlichen Gegebenheiten des Reiches gewiß nicht nur vom Willen der jungen, ehrgeizigen Habsburger ab. Von dem damals allerdings erst 16 Jahre alten Ferdinand ist eine Stel­lungnahme zu dem Notkandidatur-Projekt der Tante nicht bekannt. Nach der leidenschaftlichen Ablehnung durch Karl hat er — nach dem Bericht Margaretes — geäußert, er wolle dort, wo ihn sein Bruder hinzustellen wünsche, seinen Platz ausfüllen 12 13). Wie er auf die Nachfolge-Überlegung reagiert hat, geht daraus nicht hervor. Wir können daher auch nicht er­kennen, ob er sie als Verheißung für die Zukunft auf genommen hat. Die Idee ist in den nächsten Jahren latent geblieben, wird allerdings erst seit November 1522 wieder in den Quellen greifbar. Schriftstücken, die von Ferdinand ausgegangen sind, läßt sich zunächst entnehmen, daß Karl im Frühjahr 1522 dem Bruder ein mündliches Versprechen gegeben haben muß 1S), das dessen Königserhebung betraf. Es muß im Zusammenhang mit den Erbauseinandersetzungen geschehen sein, die in den ersten Jah­ren nach der Wahl Karls zwischen den Brüdern geführt worden sind und in denen man nach gründlicher Prüfung aller Rechte und Ansprüche bei­der Seiten mit den Brüsseler Teilungsverträgen vom Januar/Februar 1522 zu einem leidlichen Ausgleich gelangte 14). Ferdinand hatte sich nicht i») Die Korrespondenz Ferdinands I. 1: Familienkorrespondenz bis 1526, be- arb. v. Wilhelm Bauer (Wien 1912) 11: Karl an Ferdinand, 1519 März 5 (künftig Korr.). i>) Vgl. Bauer Anfänge 77 zu Gerüchten, die Kandidatur Ferdinands finde bei Habsburg-Gegnern gewisse Resonanz. — Daß Kaiser Maximilian zeitweilig daran gedacht habe, Ferdinand die Nachfolge im Reich zuzuwenden, hat sich nicht nachweisen lassen; dazu Erich König Zur Hauspolitik Kaiser Maximi­lians I. in den Jahren 1516 und 1517 in Festgabe für Hermann Grauert (Freiburg 1910) 202 Anm. 6. 12) Bauer Anfänge 76 Anm. 3. 13) Vgl. Korr. 1 193 und Anm. 20 und 33 dieser Arbeit. u) Wortlaut der Brüsseler Verträge bei Bauer Anfänge 244ff; der Ver-

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