Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 29. (1976)
LAUBACH, Ernst: Karl V., Ferdinand I. und die Nachfolge im Reich
Karl V., Ferdinand I. und die Nachfolge im Reich 5 mit einer Anhebung der ihm von Anfang an zugesprochenen fünf österreichischen Herzogtümer zu einem „Regnum Austriae“ als Kompensation für einen Verzicht auf seine sonstigen etwaigen Ansprüche, mit einem Königstitel auf nur schmaler Machtgrundlage also, begnügen mögen * 15 16). Die Brüsseler Regelung machte ihn, da Karl auf seinen gesamten Anteil am deutsch-habsburgischen Erbe sowie auf das erst 1520 erworbene Württemberg verzichtete, während Ferdinand alle Ansprüche auf das burgun- dische und spanische Erbe fallen ließ, zum mächtigsten Territorialherren im süddeutschen Raum le). Darüber hinaus hat Karl — nach Ferdinands späterer dezidierter Aussage — während dieser Verhandlungen aus eigenem Antrieb („ipsa sponte“) dem Bruder versprochen, ihn zum Römischen König zu befördern 17). Eine terminmäßige Präzisierung und einen schriftlichen Niederschlag erfuhr das Angebot damals indessen nicht. Als Ferdinand ein halbes Jahr später bei Karl mehrere Änderungen der Vereinbarungen von Brüssel beantragte, griff er auch diese Zusage auf. Die wichtigsten Bestimmungen zugunsten Ferdinands in den Brüsseler Abmachungen sollten nämlich noch für die nächsten sechs Jahre, mindestens aber bis zur Kaiserkrönung Karls, geheim bleiben, und Ferdinand sollte so lange in Tirol, den österreichischen Vorlanden und Württemberg nach außen nur als Karls Statthalter und nicht als wirklicher Landesherr fungieren dürfen 18). Nun behauptete Ferdinand, seine Autorität bei den Untertanen leide unter dieser Auflage, nicht als der Landesherr auftre- ten zu dürfen, und auch sein Prestige im Reich, insbesondere als Vertreter des Kaisers beim Reichsregiment, werde davon beeinträchtigt19). Daraus ergab sich der Vorschlag, die Geheimhaltungsklauseln alsbald aufzuheben. Außerdem aber sollte Ferdinands Sondergesandter die weitergehende Empfehlung vortragen: Karl möge in Anbetracht der Tatsache, daß er nicht so bald von Spanien nach Rom reisen könne, um dort die Kaiserkrone zu gewinnen, sich durch Reskript oder Bullen zum Kaiser trag vom 7. Februar verbessert bei Herman von der Linden Le traité de Bruxelles concernant le partage du patrimoine des Habsbourg entre Charles- Quint et son frére Ferdinand (Bruxelles, 7 février 1522) in Bulletin de la Commission Royale d’histoire 102 (1937) 211 ff. 15) Dazu Bauer Anfänge 125; der Wortlaut des Angebotes ebenda 241 ff. Zur Tradition des Projektes zuletzt Ursula Flossmann Regnum Austriae in ZRG GA 89 (1972) 78 ff. 16) Zur Bedeutung der Brüsseler Verträge Gustav Turba Geschichte des Thronfolgerechtes in allen habsburgischen Ländern (Wien 1903) 160; Adam Wandruszka Das Haus Habsburg (Stuttgart 1956) 115; Alphons Lhotsky Der österreichische Staatsgedanke in Lhotsky Aufsätze 1 377; Brandi Karl V. 1 113 f. 17) Korr. 1 161. 18) Interpretation dieser Vorschrift bei Bauer Anfänge 160 f und Brandi Karl V. 1 114. iS) Korr. 1 21—29: Instruktion Ferdinands für Hemricourt und Salinas, November 1522. Kurze Referate bei Hermann Baumgarten Geschichte Karls V. 2 (Stuttgart 1886) 198 ff; B a u e r Anfänge 191 f; B r a n d i Karl V. 1 153.