Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 29. (1976)

LAUBACH, Ernst: Karl V., Ferdinand I. und die Nachfolge im Reich

Karl V., Ferdinand I. und die Nachfolge im Reich 3 lieh, wenn er erst einmal gewählt und zum Kaiser gekrönt sei, könne er verhältnismäßig risikolos erreichen, daß Ferdinand zum Römischen König gewählt werde, und die Zustände im Reich so gestalten, daß es auf Dauer bei ihrem Hause verbliebe 6). Die Äußerung steht im Rahmen einer Aufrechnung der Vorteile, die die Durchsetzung der Wahl Karls dem Hause Österreich, dem Reich und dem Kaisertum bringen würde, gegenüber den Nachteilen einer Nominierung Ferdinands. Der Schwerpunkt der These liegt bei der Aussage, nur die Wahl Karls schaffe die Voraussetzungen, um dem Hause Österreich lang­fristig das Kaisertum zu sichern; dafür sei dann ein gangbarer Weg, nach der Kaiserkrönung Karls die Königswahl Ferdinands herbeizufüh­ren. Karl wies damit einen Vorschlag der Tante Margarete zurück, in dem die Erzherzogin aus Sorge vor einer Wahlniederlage Karls gegen den französischen König Franz I. angeregt hatte, notfalls — dann nämlich, wenn man nur so die Kandidatur des Franzosen zum Scheitern bringen könnte — Ferdinand anstelle Karls den Kurfürsten als Kandidaten zu präsentieren7). Karl lehnte den Gedanken kategorisch ab8), weil eine solche Taktik für ihn persönlich, seine „Ehre und Reputation“ unerträg­lich sei6), aber auch den politischen Interessen des Hauses Österreich nur Nachteile bringen würde. Ferdinand verfüge nämlich — so die sehr ein­gehende Argumentation — über eine zu schmale Machtbasis, als daß er den Pflichten des kaiserlichen Amtes gerecht werden könne. Dem Reich wie ihrem Hause werde diese Kandidatur nur Gefahr bringen, sie fördere eher die Pläne der Franzosen, und sie habe nur sehr geringe Erfolgs­chancen. Nur er, Karl, könne dank seiner bedeutend größeren Machtgrund­lage als Kaiser die Feinde des Reiches und ihres Hauses in Schranken halten und die großen kaiserlichen Aufgaben angemessen erfüllen. Er werde dann den jüngeren Bruder großzügig ausstatten und ihm zu Macht und Ansehen verhelfen. Als weiterer Pluspunkt wird dann die Möglich­•) Le G1 ay Negotiations diplomatiques entre la France et l’Autriche durant les trente premieres années du XV R siede 2 (Paris 1845) 309 f: „Mais par le contraire, estant nous esleu et couronné empereur, nous pourrions assez plus facilement et sans dangier le faire estire roy des Romains, et mectre l’empire en tel estat qu’il pourroit ä tousjours demeurer en nostre maison...“ (aus Karls Instruktion für Adrian Croy, Herrn v. Beaurain, 1519 März 6). 7) Le Glay Négociations 2 253—262: Margarete und der Rat der Nieder­lande an Karl, 1519 Februar 20 (die entscheidenden Sätze auch bei Karl Brandi Kaiser Karl V. 2 [München 1941] 103 f). Die Anregung wurde am 9. März 1519 wiederholt (Le Glay 2 320 f). Zur Problematik Peter R a s s o w Die politische Welt Karls V. (München o. J.) 22 ff. 8) Seine Ablehnung sowohl in der Instruktion für Beaurain (Anm. 6) als auch in einem Brief an Margarete, 1519 März 5, in Deutsche Reichstagsakten. Jüngere Reihe 1, bearb. von August Kluckhohn (Göttingen 21962) 352—358 (künftig RTA). Vgl. auch Brandi Karl V. 1 (München 71964) 88 f. 8) Zum Begriff der Reputation vgl. die — nicht voll überzeugenden — Aus­führungen von Lutz Hatzfeld Staatsräson und Reputation bei Kaiser Karl V. in Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte 11 (1959) 44 f. 1*

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