Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 28. (1975) - Festschrift für Walter Goldinger

AUER, Leopold: Archive und elektronische Datenverarbeitung

Archive und EDV 47 gen, ob tatsächlich für jede Möglichkeit ein vollständiger Ausdruck erfolgen soll oder ob es nicht günstiger wäre, mit dem in der Zentraleinheit oder auf Magnetband gespeicherten Material direkt von Fall zu Fall zu arbeiten. Bei Archivbehelfen größeren Umfangs wird sich überhaupt auch bei einem Aus­druck die Ausgabe in Mikrofilmform nach dem COM-Verfahren86) empfeh­len, das Zeit- mit Raumgewinn verbindet. Die Automatisierung bei der Herstellung von Archivbehelfen bietet unter der Voraussetzung einer normierten Erfassung grundsätzüch auch die Möglich­keit, mehrere Behelfe samt ihren Indices zu kumulieren und auf diese Weise einen Generalindex aufzubauen, wie er bisher noch an keinem größeren Ar­chiv echt verwirklicht wurde87). Allerdings muß auch ein Generalindex nicht unbedingt die zweckmäßigste Form der Erschließung sein. Geschrieben oder gedruckt ist er naturgemäß sehr umfangreich und umständlich zu handha­ben; in maschinenlesbarer Form muß bei jeder Anfrage gleichfalls ein sehr großer Datenbestand abgefragt werden, was teure Rechenzeit kostet. So sind vielleicht Indices einzelner großer Bestandsgruppen oder Archivfonds vorzu­ziehen88), andererseits wäre in Form eines maschinell gespeicherten General­index so etwas wie eine archivische Datenbank denkbar. Da ihr Aufbau und die Arbeit mit ihr einen Dialogbetrieb mit dem Computer89) erfordern wür­den, ergibt sich aber die Frage, „ob die Benutzungsfrequenz eines Archivs diesen technischen und kostenmäßigen Aufwand rechtfertigt, und ob auch der Benutzer bereit sein wird, seinen Anteil zur Kostendeckung beizusteu­ern“90). Wie die Informationsvermittlung durch Datenbanken einmal aussehen wird, haben Demonstrationen auf dem Deutschen Juristentag in Mainz 1970 ge­zeigt. Eine archivische Datenbank könnte entsprechend über Terminals von einzelnen Forschungsstätten (z. B. Universitätsinstituten) befragt werden und Hinweise auf die gespeicherten Dokumente geben. Die Vorstellung, dem Be- nützer über Bildschirme auch gleich einen Volltext ins Haus zu liefern, scheint wegen der dafür notwendigen ungeheuren Speicherkapazität91) einigermaßen utopisch, doch bemerkt Heinz Boberach mit Recht dazu, daß sich Zeitgenossen Gutenbergs wahrscheinlich auch die Möglichkeiten des Buchdrucks nicht vorstellen konnten92). 8«) Vgl. oben S. 40. 87) Milz Zum Einsatz 269. Es sei jedoch in diesem Zusammenhang auf den nach einem von Ludwig Bittner entworfenen System in den Jahren 1913—16 erstellten Generalkatalog des Haus-, Hof- und Staatsarchivs hingewiesen; vgl. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs 1 (Wien 1936) 151 ff und 174. 88) So auch Milz Zum Einsatz 269. 89) Zum Dialogbetrieb vgl. Amstädter EDV 116 und 121 f. 90) Milz Zum Einsatz 271. 9!) Vgl. oben S. 43. 92) Boberach Veröffentlichung 151.

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