Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 28. (1975) - Festschrift für Walter Goldinger

AUER, Leopold: Archive und elektronische Datenverarbeitung

46 Leopold Auer wurden80), konnten auf maschinellem Weg drei Indices (nach Korresponden­ten, Daten, Sachen) innerhalb von 22 Stunden Rechenzeit erstellt werden. Demgegenüber wäre bei manueller Herstellung ein Angestellter zwölf Jahre hindurch beschäftigt gewesen! Die seit 1965 in Gang befindlichen Arbeiten sollen auch auf die Nachlässe späterer Premiers und wenn möglich auch auf andere Archivbestände ausgedehnt werden81). Wesentlich beim Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung für Indizie- rungs- und Verzeichnungsarbeiten ist die Kennzeichnung jedes Dokuments durch mehrere Merkmale, sodaß das gespeicherte Material nach mehreren Gesichtspunkten ausgewertet werden kann, ohne daß nochmals Arbeitskräfte für einen Sortiervorgang eingesetzt werden müssen. Am besten eignen sich dafür Bestände, die bereits von sich aus eine gewisse einheitliche Struktur besitzen, oder auch Archivbehelfe, die, sofern sie keinen Index besitzen, mit Hilfe der EDV weiter aufgeschlüsselt werden können82). Bei weniger einheit­lich strukturierten Akten treten dagegen leicht ähnliche Probleme wie bei der Thesauruserstellung auf. So mußte der Versuch des deutschen Bundesar­chivs, einen Sachindex zu den Presseanweisungen des Propagandaministe­riums aus den Jahren 1933-1945 zu schaffen, wegen der Unzulänglichkeit der vergebenen Stichwörter aufgegeben werden83). Dabei ist jedoch festzu­halten, daß diese Schwierigkeit natürlich nicht durch die maschinelle Bear­beitung verursacht wird, sondern grundsätzlich bei jeder Indizierungsarbeit an Sachbegriffen auftritt84). Die Eingabe zur automatischen Verarbeitung erfolgt am einfachsten in Form von maschinschriftlichen Texten, die mit Kugelkopfschreibmaschine ge­schrieben wurden und daher über optische Belegleser im OCR-B-Verfahren (optical character recognition Typ B)85) maschinell eingelesen werden kön­nen. Nach der Auswertung entstehen Findbücher nach den verschiedenen eingegebenen Sortierungskriterien, also z. B. ein alphabetisches Namens- und Schlagwortverzeichnis, ein chronologisches Verzeichnis, ein Verzeichnis nach Standes- oder Berufszugehörigkeit einzelner Personen usf. Wenn bei der Auswertung verschiedene Kombinationen möglich sind, ist auch zu überle­80) Franz ebenda 383 spricht fälschlich von 150.000 Briefen. 81) Jay Atherton Mechanization of the Manuscript Catalogue at the Public Archives of Canada in The American Archivist 30 (1967) 303—309. Vgl. zu weiteren Projekten Lionel Bell Controlled Vocabulary Subject Indexing in Archives in Journal of the Society of Archivists 4 (1971) 285—299; Kenneth Darwin The Use of the Computer in Indexing Records ebenda 218—229; Sister M. Claudia Automated Techniques in Comprehensive Indexing in The American Archivist 30 (1967) 287—294; Russell H. Smith Item Indexing by Automated Processes ebenda 295—302. 82) Einen Versuch dieser Art hat das Seeländische Landesarchiv unternom­men; vgl. Der Archivar 24 (1971) 68. 83) Boberach Automatisierbarkeit 203. 84) Rita R. Campbell Automation and Information Retrieval in Archives — the Broad Concepts in The American Archivist 30 (1967) 281. 85) Vgl. Amstädter EDV 100 ff.

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