Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 28. (1975) - Festschrift für Walter Goldinger

AUER, Leopold: Archive und elektronische Datenverarbeitung

Archive und EDV 43 Die Anwendung numerischer Datenverarbeitung wird für den Archivbereich nur am Rande in Frage kommen, etwa für statistische Erhebungen60), sofern die Zahlen genügend groß sind. Projekte in dieser Richtung bestehen in Deutschland, England und Frankreich61). In den Bereich der Alphanumerik gehört zum Teil bereits der Versuch des Public Record Office, eine Evidenz seiner Bestände auf elektronischem Weg durchzuführen62). Eine solche Evi­denz, die Erfahrungen verwerten kann, die man bei der Lösung von Lager­haltungsproblemen mit Hilfe der EDV gewonnen hat, wäre vor allem dort sinnvoll, wo der Archivaüenbestand stark fluktuiert, wie zum Beispiel in Zwischenarchiven. Für die Anwendung der alphanumerischen Datenverarbeitung gibt es schon genügend Beispiele, vor allem auch in der Geschichtswissenschaft und der Bibliothekskunde, die zum Vergleich herangezogen werden können63). Eine Ideallösung für den Archivar wäre zweifellos die Einspeicherung abfragfähi- ger Daten zur automatisierten Anfragenbeantwortung: ein Archiv, dessen ge­samter Inhalt elektronisch gespeichert ist und zu jedem Stichwort die ent­sprechenden Dokumente auswirft. Da dazu ja jedes einzelne Dokument vor­her maschinell eingelesen und entsprechend bearbeitet werden müßte, ist ein solcher Wunsch selbst für ein Archiv mittlerer Größe eine unerfüllbare Uto­pie. Denn abgesehen vom Arbeitsaufwand wäre bei einer Volltextspeicherung die Kapazität einer Großspeicheranlage mit 537 Milhonen bytes schon nach Eingabe einer Aktenmenge von 24 Laufmetern völlig ausgelastet64). Selbst wenn jedes Einzeldokument nur durch acht Schlagworte (Deskriptoren) ge­kennzeichnet würde, womit man eine Inhaltserschließung bis zu 81% an­nimmt65), könnte ein Großspeicher der erwähnten Art lediglich Akten von einem Kilometer Stellänge aufnehmen. Das schließt nicht aus, daß die elektronische Datenverarbeitung in kleinerem Rahmen für Informationserschließung sinnvoll eingesetzt werden kann; ihre Brauchbarkeit für Dokumentationszwecke hat sie ja bereits verschiedentlich bewiesen66 *). Es sei in diesem Zusammenhang nur an den EDV-Betrieb der 60) Boberach Automatisierbarkeit 210. 61) B a u t i e r Les Archives 56. 62) Franz in Der Archivar 25 (1972) 430 f. °3) Vgl. die Übersicht von Klaus Arnold Geschichtswissenschaft und elek­tronische Datenverarbeitung in HZ Beiheft 3 (1974) 98—148. 64) Joseph Milz Zum Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung im Archiv in Der Archivar 24 (1971) 261—272. 65) Botho Brachmann Die heuristische Umsetzung von informationstheo­retischen Kenntnissen im Archivwesen. Vorschläge und Thesen in Archivmit­teilungen 20 (1970) 88. 66) Vgl. an Literatur Heinrich U r a y Dokumentation mit dem Computer als Ausweg aus der Informationskrise? in Biblos 22 (1973) 2—17; Dagobert S o e r g e 1 Report on the information retrieval systems of 3 European data archives (Köln 1969); Erich Pietsch Stand und Entwicklungsmöglichkeiten der automatischen Dokumentation in Nachrichten für Dokumentation 18 (1967) 156—163.

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