Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 28. (1975) - Festschrift für Walter Goldinger

AUER, Leopold: Archive und elektronische Datenverarbeitung

38 Leopold Auer Grundbuchautomation vor26). In der Bundesrepublik ist darüber hinaus ein großes Informationssystem im Entstehen27). Sobald die solcherart verarbeitete und gespeicherte Information für die un­mittelbaren Zwecke der Verwaltung nicht mehr benötigt wird, käme nach der bei traditionellem Schriftgut üblichen Praxis eine Archivierung in Frage. Man hat sich darüber die längste Zeit keine Gedanken gemacht, weil man die neuen Datenträger primär als Arbeitshilfsmittel im Verwaltungsvollzug betrachtete und die einzelnen Verwaltungen als nicht oder nur wenig histo­risch orientierte Institutionen sich bei den Magnetbändern die Möglichkeit mehrfachen Beschriftens und Löschens von Informationen aus Kostengrün­den nicht nehmen lassen wollten28). Die Tendenz, diese neuen Datenträger als nicht archivwürdiges Zwischen­produkt anzusehen, findet ihre Entsprechung in der Haltung gegenüber stati­stischem Material, das auch meist nach seiner ersten, durch den Erhebungs­zweck bedingten Auswertung der Kassation verfiel. Ebenso wie hier immer mehr Archivverwaltungen ihre Bewertungsmaßstäbe geändert haben, weil mit der behördlichen Auswertung der Erkenntniswert dieser verschiedenen Angaben noch nicht erschöpft ist29), kann auch maschinell gespeichertes Da­tenmaterial von eminentem historischem Quellenwert sein, vor allem im Be­reich dessen, was man unter dem modernen Schlagwort der Cliometrics zu­sammenfaßt. Darüber hinaus könnte die EDV die Möglichkeit bieten, Regi­straturgut, das bisher mit Rücksicht auf seinen Umfang und seine mangelnde Benutzbarkeit aus technischen Gründen nicht archiviert werden konnte, nach Umstellung im Arbeitsbereich des Registraturbildners auf Automation in maschinenlesbarer Form zu übernehmen - also ein möglicher Beitrag zur Bewältigung von Massenakten30)! Wenn die staatlichen Archivverwaltungen diesen Problemen keine Aufmerk­samkeit schenken und die Übernahme solchen Materials grundsätzlich ab­lehnen, besteht die Gefahr, daß entweder überhaupt historisch wichtige Quellen vernichtet werden oder die Archivbildung sich in Form von Daten­archiven und Datenbänken im Schoß der Verwaltung selbst vollzieht und damit für einen wichtigen Quellenbereich der Kontrolle der dazu in erster Linie berufenen Institutionen entgleitet31). Die dreizehnte Konferenz der 2e) Burckhard Les Archives 161 und Harald Jaeger Zur Frage der archivischen Übernahme von EDV-Material und zum Problem der Automati­sierung in den Archiven in Der Archivar 27 (1974) 211 f. Vgl. auch Wolfram B a e r Probleme für die kommunalen Archive durch Umstellung des Einwoh­nermeldewesens auf EDV aus bayerischer Sicht ebenda 213—218. 27) Das Informationsbankensystem (IBS). Vorschläge für die Planung und den Aufbau eines allgemeinen arbeitsteiligen Informationsbankensystems für die Bundesrepublik Deutschland 2 Bde (Köln 1971). 28) R o m e y k Datenverarbeitung 182 und 186. 2») Lisa Kaiser Vom Nutzen und Nachteil statistischen Materials in Der Archivar 11 (1958) 111—140. 30) R o m e y k Datenverarbeitung 188. 31) B a u t i e r Les Archives 33 f und Karl H. Schwebel XIII. Interna-

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