Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 28. (1975) - Festschrift für Walter Goldinger

AUER, Leopold: Archive und elektronische Datenverarbeitung

Archive und EDV 37 Datenverarbeitung grundsätzlich und für dauernd ausweichen. Die Motive für eine emotionelle Ablehnung sind verständlich, bringt doch der Einzug der EDV einen weiteren Einbruch der Technik in die Archive, der sich noch viel mehr der unmittelbaren Kontrolle durch die Archivare entzieht und noch viel stärker eine Zusammenarbeit mit technischem Fachpersonal erfor­dert. Bei dem Funktionswandel der öffentlichen Archive in unserer Zeit23), der letzthch nur den Wandel in der öffentlichen Verwaltung widerspiegelt, wäre es aber bedenkhch, nur deshalb in einer ablehnenden Haltung zu ver­harren, ebenso bedenkhch freihch, in einem übertriebenen Optimismus sich von der elektronischen Datenverarbeitung nun eine Lösung aller offenen Probleme des Records Management zu erwarten. Es gilt vielmehr, so nüch­tern wie möghch, Notwendigkeit und Nutzen der EDV für die Anwendung im Archivbereich zu prüfen. Grundsätzlich kann der Archivar auf zweifache Art und Weise mit dem Be­reich der elektronischen Datenverarbeitung konfrontiert werden: erstens durch die Archivierung von maschinenlesbarem oder maschinell produzier­tem Material (Lochkarten, Lochstreifen, Magnetbänder und -platten, Compu­ter-Ausdrucke) oder zweitens durch die Anwendung der Datenverarbeitung bei der Aufschheßung von Archivahen zur Informationsgewinnung. Die Ent­stehung von maschinenlesbaren Dokumenten vollzieht sich außerhalb der Einflußsphäre der Archivare. Immer mehr Verwaltungen bedienen sich der Vorteile der EDV für die Erledigung gleichzeitig zu bearbeitender, periodisch wiederkehrender Arbeitsvorgänge in großer Zahl auf den Gebieten des Steu­er-, Finanz-, Melde- und Verkehrswesens, für statistische Erhebungen, aber auch für den Aufbau von Datenbanken und Informationssystemen24). Einige Beispiele25): Zahlreiche Länder (z. B. Australien, Belgien, Bundesre­publik Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Kanada, Schweden, Schweiz) werten Volkszählungsergebnisse maschinell aus, die Registrierung der Fremden (Bundesrepublik), der Wehrpflichtigen (Frankreich, Schweden), der Kraftfahrer (Bundesrepublik, Finnland, Frankreich), die Führung von Krankengeschichten durch die Spitäler (Belgien, Finnland, Frankreich, Jugo­slawien, Schweden) erfolgt mit Hilfe der EDV. Daneben beginnt sich eine Umstellung aber auch in Bereichen anzubahnen, in denen bisher normales archivwürdiges Schriftgut produziert wurde: Frankreich bereitet die Auto­mation seiner Zivilregister, die Bundesrepublik in einigen ihrer Länder die 2S) Friedrich P. Kahlenberg Informationsbankensysteme ohne Archive? Bemerkungen zum Funktionswandel öffentlicher Archive in Archivalische Zeit­schrift (= AZ) 68 (1972) 125—133. 24) Horst R o m e y k Automatisierte Datenverarbeitung in der Verwaltung in Der Archivar 27 (1974) 181—192. 25) B a u t i e r Les Archives 28 f.

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