Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 28. (1975) - Festschrift für Walter Goldinger

WELTIN, Max – ZWANOWETZ, Georg – HAAS, Hanns: Sammelreferat. Neue Forschungen zur Verfassungs- und Wirtschaftsgeschichte Österreichs

Sammelreferate 457 genannten Hauptmann von Marchegg an. Ein Stadthauptmann läßt sich aber auch in Bruck/Leitha nachweisen (FRA 11/16 19 [1306]), und 1314 verpfändet Friedrich der Schöne „castrum in Prukk“ dem Albero von Kuenring (AÖG 2 546). Dessenungeachtet wirkt die Stadt Bruck bei der Sicherstellung der österreichischen Städte für den König von Aragon mit. Auch Hainburg ist im Register vertreten, obwohl dort zwischen 1308 und 1314 Burggrafen belegt sind. Die Ursache für das Fehlen Marcheggs muß deshalb eine andere sein. Hier ist zunächst die städtische Gerichtsentwicklung im 13. Jahrhundert zu berücksichtigen. Da darüber an anderer Stelle gehandelt worden ist (Die Laaer Brief Sammlung. Eine Quelle zur inneren Geschichte Österreichs unter Ottokar II. Premysl [Veröffentl. des Instituts für österreichische Geschichts­forschung 22, 1975]), braucht sie hier nur kurz skizziert zu werden. Wie schon erwähnt, waren die Städte in der späten Babenbergerzeit Mittelpunkte großer, räumlich nicht klar begrenzter Landgerichte, deren „iudices“ mit ei­nem Stadtrichter des 14. Jahrhunderts höchstens den Namen gemein hatten. Unter Ottokar kommt es im Zusammenhang mit dem Erstarken des Rates zur Ausbildung eines eigentlichen Stadtbereiches (Burgfriedens), innerhalb dessen die Kompetenzen des „iudex civitatis“ durch den Rat beschnitten wurden. Unter den Habsburgern setzt der Rat dann durch, daß der Richter aus seiner Mitte genommen werden müsse. Dieser Stadtrichter ist in der Re­gel nur mehr für den Burgfrieden zuständig; er übt dort die Hochgerichts­barkeit mit Ausnahme der Blutfälle. Gegen Ende des 13. und zu Anfang des 14. Jahrhunderts wurde verschiedenen niederösterreichischen Städten für diesen Bereich „stock und galgen“ verliehen. Diese Entwicklung machte Marchegg, die von Anfang an vegetierende Spät­gründung, offenbar nicht mit. Wie die spätere Stadtrechtsfälschung zeigt, hatte man dort noch in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts einen Nach­holbedarf an innerstädtischer Autonomie. 1313 gab es an diesem Truppen­aufmarschplatz wahrscheinlich noch gar keinen Rat, dessen Delegierte sich für Friedrich den Schönen verbürgen hätten können. K. überschätzt auch den Einfluß der Burggrafen auf die Rechtsentwicklung der landesfürstlichen Städte. Sie waren im 14. Jahrhundert meist für das die Stadt umgebende landesfürstliche Landgericht zuständig und verwalteten auch das darinhe­gende Urbar. Das Stadtgebiet mußte nicht aus ihrer Gewalt eximiert werden, - wie hier die Entwicklung verlaufen ist, haben wir oben kurz angedeutet. Die Reibereien zwischen Burggrafen und Stadt waren Kompetenzstreitigkei­ten der jeweiligen Gerichtsstände; in einer Zeit, in der es den Streitparteien freistand, ihren Gerichtsstand zu wählen, durchaus nichts Ungewöhnliches (vgl. dazu etwa Helmuth Feigl Rechtsentwicklung und Gerichtswesen Ober­österreichs im Spiegel der Weistümer in AÖG 130 [1974] 35). Das Fehlen der obderennsischen Städte und Klöster in den aragonesischen Registern erklärt K. damit, daß diese angeblich durch den „iudex provincia­lis supra Anasum“, Eberhard von Walsee, vertreten worden seien, der eine eigene „promissio“ ausgestellt habe. Das taten aber auch der steirische Lan­deshauptmann Ulrich von Walsee und der österreichische Landmarschall Dietrich von Rillichsdorf, - dennoch stellen die niederösterreichischen und steirischen Städte und Klöster eigene Reverse aus! Daß 1364 Ybbs unter den landtagsfähigen Städten nicht aufscheint, erklärt K. mit der schwankenden Grenzziehung zwischen Ober- und Niederöster­

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