Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 28. (1975) - Festschrift für Walter Goldinger

NECK, Rudolf: Oswald Redlich und das österreichische Archivwesen

Redlich und das österreichische Archivwesen 379 der. Über die Monumenta-Kommission und die Regesta Imperii gelangte er zu den Habsburgerregesten. Von ihm stammen Untersuchungen über die österreichische Annalistik, über die wir im Grunde bis heute nicht mehr hin­ausgekommen sind. Sein Werk über die Privaturkunden ist ein einsamer mu­tiger Schritt in neue Bereiche der Diplomatik. Seine historiographischen Lei­stungen, das große Werk über Rudolf von Habsburg, vor allem aber die bei­den Fortsetzungsbände zu Hubers Geschichte Österreichs erweisen Redlich als unübertroffenen Meister der Darstellung und glänzenden Stilisten. Daß er sich mit der Geschichte der Wissenschaften, der Wiener Universität im be- sondern, ausführlich beschäftigte, war für den langjährigen Präsidenten der Wiener Akademie, der keinen gleichrangigen Nachfolger finden konnte, selbstverständlich. Auch die Zeit seiner Redaktion der Mitteilungen des In­stituts für österreichische Geschichtsforschung bildeten für diese Zeitschrift unter schwierigen materiellen Umständen einen Höhepunkt. Redlich stand dem, wie er immer betonte, entsagungsvollen Beruf des Archi­vars mit großer Sympathie gegenüber. Seit er unmittelbar nach der Instituts­prüfung seinen Dienst am Statthaltereiarchiv in Innsbruck versah, fühlte er sich unserem Stande verbunden3). Tatsächlich konnten sich in seinen späte­ren Lebensjahren alle österreichischen Archivare, aber auch solche außerhalb unseres Landes als seine Schüler bezeichnen. Im Rahmen des In­stitutskurses hielt Redlich auch Vorlesungen über Archivkunde. Aber über den Rahmen seiner Lehrtätigkeit hinaus kam er schon früh mit organisatori­schen Fragen des Archivwesens und des Archivalienschutzes in enge Berüh­rung. Seit 1885 war er Korrespondent der Zentralkommission zur Erfor­schung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmale, wo er für die 3. (Archiv-)Sektion tätig war4)- Im Jahre 1894 wurde der k. k. Archivrat als fachmännischer Beirat der Regierung der westlichen Reichshälfte in allen Fragen der Archive der Zentralbehörden gegründet. Schon im folgenden Jahr wurde Redlich zu dessen Mitglied bestellt. Nach anfänglichen Fortschritten kam es zu Stagnationserscheinungen. Redlich hat in den Jahren 1904 und 1911 über die Fortschritte und den Zustand des österreichischen Archivwe­sens Bericht erstattet5). Er war sich im Klaren, daß weitere grundlegende 3) Ludwig Bittner Oswald Redlich (Nachruf) in Almanach der Akademie der Wis­senschaften in Wien für das Jahr 1944 (Wien 1946) 161 ff, bes. 180 ff. 4) Goldinger Geschichte 59f; Lothar Gross Zur Geschichte des Archivschutzes in Österreich in Archivalische Zeitschrift 42/43 (1934) 159 ff. 5) Oswald Redlich Das Archivwesen in Österreich in Mitteilungen der 3. (Archiv-) Sektion der k. k. Zentralkommission für Kunst- und historische Denkmale 6 (1904) Iff, wieder gedruckt in: Oswald Redlich Gesammelte Schriften (Wien 1928) 251 ff; dsbe Staatliches Archivwesen in Österreich in Korrespondenzblatt des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine 59 (1911) n. 11/12 Sp. 456ff; Neu­druck in Gesammelte Schriften 277ff. Vgl. Goldinger Geschichte 40f Anm. 62. Hier irrt unser verehrter Jubilar: Erst der zweite Beitrag Redlichs wurde am Deutschen Ar­chivtag in Graz gehalten, dieser fand jedoch erst 1911 und nicht 1902 statt. Tagungs­orte waren 1900 Dresden, 1902 Düsseldorf und 1904 Danzig.

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