Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 28. (1975) - Festschrift für Walter Goldinger
MECHTLER, Paul: Die Anfänge der Phototechnik im österreichischen Archivwesen
Anfänge der Phototechnik 27 Deutscher Wissenschaft, später Deutsche Forschungsgemeinschaft, stellte dem Vorhaben Stengels die entsprechenden Geräte zur Verfügung und bezahlte später die Stelle eines eigenen Phototechnikers. Die Tätigkeit einzelner, bereits vor 1933 gegründeter deutscher Forschungsgemeinschaften wirkte sich auch auf Österreich aus. Im Jahre 1931 wurde von einer Arbeitsgemeinschaft im Institut für österreichische Geschichtsforschung mit den Vorarbeiten zur Herausgabe eines Burgenländischen Urkundenbuches begonnen. Wegen der besonderen Geschichte dieses Bundeslandes lag der in Frage kommende Bestand sehr zerstreut; zahlreiche, vorwiegend ungarische Archive mußten erst eingehend erforscht werden. Zu diesem Zweck wurde eine von der Südostdeutschen Forschungsgemeinschaft zur Verfügung gestellte Leica eingesetzt. Walter Goldinger und Ernst Rieger, der Sekretär dieser Forschungsgemeinschaft, führten in Ödenburg die ersten Aufnahmen durch, die sogar Anlaß zu einem Artikel in einer Lokalzeitung boten26). Die dabei gewonnenen technischen Erfahrungen wurden wieder bei dem viel umfangreicheren Schlesischen Urkundenbuch mittelbar verwertet, wobei man für die ersten Aufnahmen noch Platten verwendete. Eine Edition in Deutschland nach 1945 wurde nur durch den Umstand ermöglicht, daß Abzüge getrennt von den Negativen (14.000 Leicaaufnahmen) verwahrt worden waren 27). Immer deutlicher zeigten sich die Vorteile der Verwendung neuer photographischer Methoden bei der Lösung schwieriger Probleme in hilfswissenschaftlichen Untersuchungen, so zum Beispiel bei der Klärung von Kanzleiverhältnissen und zur Identifizierung der Schreiber von Urkunden, wofür Belege in der Literatur zu finden sind. Nach einer kurzen Erwähnung in einem Beitrag von Hans Hirsch in der Festschrift für Hans Nabholz28) wies vor allem Wilfried Krallert 1936 in seiner Detailstudie Ein unbekanntes Diplom Lothars III. für die San Salvatorkirche in Ficario auf die Vorzüge von Kleinbildaufnahmen hin29). Erst die Leica habe es ermöglicht, in kürzester Zeit und mit geringen Kosten größere Quellenbestände aufzunehmen, welche in diesem konkreten Fall sogar zum Auffinden einer bisher unbekannten Kaiserurkunde geführt haben. Krallert polemisierte gegen nicht genannte Fachgenossen, die bei der Anwendung neuer technischer Methoden eine Mechanisierung der Wissenschaft befürchteten (!), und auch gegen die Direktoren einzelner Archive, weil diese Pflichtabzüge verlangten. Eine in dieser Studie angekündigte Arbeit Riegers über das Kleinbildverfahren dürfte allerdings nicht erschienen sein. 26) Ödenburger Zeitung 1932 Oktober 28. 27) Schlesisches Urkundenbuch 1, bearb. von Heinrich Appelt, Lieferung 1 (Graz - Köln 1963) VIII-IX. 2S) Sein Beitrag über Die Urkundenfälschungen des Klosters Ebersheim und die Entstehung des Chronicon Ebersheimense in Festschrift Hans Nabholz (Zürich 1934) 23-54 stützte sich auf die von Dr. Krupicka in Schlettstadt durchgeführten Aufnahmen. 29) MIÖG 50 (1936) 392.