Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 27. (1974)

AL-SAMMAN, Tarif: Untersuchungen zur osmanischen Tugra

Untersuchungen zur osmanischen Tugrä 15 Münztugrä. Später fügten die Sultane an dieser Stelle ein ständig wieder­kehrendes Beiwort, z. B. „cädil“ (gerecht) oder „el gäzi“ (der Kämpfer) ein (Taf. 3/2). Der Ort der Tugrä82) befand sich oberhalb der ersten Zeile, ungefähr im ersten Drittel des Urkundenblattes, unter der Invocatio. Auch aus dem Um­stand, daß einzelne ihrer Zierlinien manchmal die erste Zeile des Textes berühren und schneiden, können wir schließen, daß die Tugrä nachträglich aufgezeichnet wurde. Die Größe der Tugrä hängt immer von der Breite der Urkunde ab. Durch­schnittlich ist sie 10—15 cm, manchmal aber auch über 30 cm hoch83). Die Breite der Tugrä ist immer größer als ihre Höhe, das Verhältnis beträgt etwa 2 : 1. Verwendung der Tugrä: Auf osmanischen Urkunden gibt es keine Mono­gramme, keine Siegel und keine eigenhändigen Zeichen des Sultans. Die Tugrä ersetzt auf allen Urkunden Handzeichen und Siegel, da sie den Namen des Sultans enthält. Es gab zwar Metallsiegel als Stempel, diese trug jedoch der Großwesir um den Hals gehängt. Laut Hammer-Purgstall 84) existierten zwei Formen dieses Siegels: das erste sei dem Großwesir als Symbol seiner unumschränkten Macht ausgehändigt worden, und dieser müsse es nur bei den an den Sultan zu erstattenden Vorträgen verwenden. Ein zweites, dessen Besitz keine Macht verleiht, befinde sich in den Händen der Bibliothekare verschiedener, von Sultanen gestifteter Bibliotheken und werde den Büchern aufgedrückt. Dieses Siegel enthält immer die Tugrä — zusammen mit irgend­einem religiösen Spruch oder einem kleinen Textstück des Korans. Wie gesagt, wird dieses Siegel als Stempel benützt, d. h. mit befeuchteter Tinte zur Be­glaubigung oder als Verschluß auf den Brief oder auf das Wachs gedrückt. Die Tugrä mit ihrer eigenartigen, verschlungenen Form gilt im osmanischen Reich auch als Wappen, da sie als Symbol oder Zeichen des osmanischen Herrschers angesehen wurde. Daher finden wir die Tugrä auf Münzen und Medaillons 85), auf Moscheen und öffentlichen Gebäuden, auf Briefmarken 86), Grabsteinen und auf Schiffen. In der späteren osmanischen Monarchie er­scheint die Tugrä in Verbindung mit schönen Umrahmungen und verschie­denen Zeichnungen von Kriegswaffen, Büchern, Waagen, Blumen. Die dar­gestellten Objekte gelten als Symbole für Kriegstaten, Gerechtigkeit und Wissenschaft (Taf. 3/2). In dieser Form wurde die Tugrä auch als Wappen benützt. 82) Fekete Einführung XLVI und Ananiasz Zajaczkowski —Jan Reych- man Zarys Dyplomatyki Osmansko-Tureckiej (Warszawa 195S) 37. 8S) Vgl. dazu die Türkischen Urkunden des HHStA. ®4) Hammer-Purgstall Abhandlung 17. 85) Vgl. cAli Tärieh cOsmani engumeni rnegrnucasi 8 (1916) 387 und Babinger Die großherrliche Tughra 192. 86) Kühnei Islamische Schriftkunst 75.

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