Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 27. (1974)

BALISCH, Alexander: Die Entstehung des Exerzierreglements von 1749. Ein Kapitel der Militärreform von 1748/49

182 Alexander Balisch nung und zum Weichen bringen könnten37). Dies waren für die öster­reichische Armee dieser Zeit typische Maßnahmen, die von den Preußen nicht angewandt wurden. Die bestehende Aufstellung der Infanterieformationen in vier Gliedern wurde während der Dekade vor 1748 von höheren Stellen nicht angefoch- ten. Der Verfasser konnte unter allen im Kriegsarchiv vorhandenen Reformvorschlägen nur ein unsigniertes Dokument finden, welches die dreigliedrige Aufstellung empfiehlt38). Außerdem wird vorgeschlagen, die Bataillone in acht Pelotons, anstelle der gebräuchlichen zwölf, einzu­teilen. Der Verfasser des Dokumentes ist der Meinung, daß, da die Ba­taillone gewöhnlich sehr schwach seien, die gebräuchliche Einteilung in zwölf Pelotons ein zu schwaches Pelotonfeuer verschulde. Außerdem deu­tet er darauf hin, daß der Mangel an Offizieren und Unteroffizieren es verhindere, jeder Division und jedem Peloton die vorgeschriebene Anzahl zuzuweisen. Obwohl die Militärkommission von 1748 die Formation in drei Gliedern nicht einführte, ist der obige Vorschlag doch von Interesse, da er der einzige noch auffindbare ist, der diese in der preußischen Armee schon seit 1726 übliche Formation vorschlägt. Von den Österreichern wurde die dreigliedrige Aufstellung erst 1757 nach der Schlacht bei Kolin eingeführt. Der Verfasser des Dokuments empfiehlt außerdem, während einer Aktion nur das Pelotonfeuer, die anderen Feuerarten jedoch nur in befestigten Positionen zu verwenden. Die meisten im Kriegsarchiv aufbewahrten Dokumente, welche vor dem Ende des österreichischen Erbfolgekrieges verfaßt wurden und sich mit den Übelständen in der Armee befassen, beschränkten Verbesserungsvor- schläge auf die Unterstreichung der Notwendigkeit, existierende Vor­schriften strikt einzuhalten. Erst nach dem Ende des Erbfolgekrieges wur­den dringende Anregungen zur Verfassung neuer Dienst- und Exerziervor- schriften dem Hofkriegsrat und der Kaiserin vorgelegt. Die Verfasser der­artiger Vorschläge waren sich dessen bewußt, daß nicht die bloße Heraus­gabe neuer, für die ganze Armee gültiger Reglements von Nöten war, sondern daß erst deren strikteste Durchführung und Befolgung, verbun­den mit intensivem Drill und der Erneuerung eines esprit de corps und Pflichtbewußtseins im Offizierskorps, die Schlagkraft der österreichischen Armee wiederherstellen konnte. Die Heeresreform war ein wichtiger Teil der im Jahre 1748 begonnenen Staatsreform Maria Theresias, und die Kaiserin bemühte sich, die oben erwähnten Bedingungen für den Erfolg der Armeereform zu verwirkli­chen. S7) Ebenda Paragraph 4. 38) KA Mém. VI — 102; siehe Anm. 32.

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