Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 27. (1974)

BALISCH, Alexander: Die Entstehung des Exerzierreglements von 1749. Ein Kapitel der Militärreform von 1748/49

Exerzierreglement 1749 181 den Regimentskommandeuren eingeschlichen habe, zu. Dies habe so „viele gute, meritierte Offiziere dergestalten degoutirt“, daß sie den Dienst quit­tierten. Er schlug vor, daß in Zukunft Verdienst allein als Maßstab für Beförderungen gelten solle. Es war nötig, diese Zustände zu rektifizieren, bevor allgemeine Exerzier­vorschriften eingeführt werden konnten. Die im Jahre 1748 begonnene, umfangreiche Reform des Heerwesens war in dieser Hinsicht erfolgreich, besonders durch die Initiative und das Verständnis der Kaiserin und durch das Organisationstalent Feldmarschall Dauns. Nach den Erfahrungen der ersten zwei Schlesischen Kriege kamen meh­rere österreichische Generäle zu der Überzeugung, daß der intensive Drill und das Vorhandensein von Exerzierreglements für die gesamte preußi­sche Armee die Hauptgründe für deren Erfolge waren. Ich konnte jedoch keinen dokumentarischen Beweis dafür finden, daß man auf öster­reichischer Seite die preußischen taktischen Grundsätze als den eigenen überlegen ansah. Bereits im Jahre 1741, kurz nach der Schlacht bei Mollwitz, erließ Feld­marschall Thüngen seine Observationspunkte bey der Infanterie. Die Herausgabe kam anscheinend auf Veranlassung von höchster Stelle zu­stande, da die Anordnungen an die ganze Armee und nicht nur an ein bestimmtes Regiment gerichtet waren 34). Der in der österreichischen Armee eingerissene Mangel an Disziplin und Ordnung kann aus den in den Observationspunkten angegebenen Richt­linien, die sich oft auf die bei Mollwitz gemachten Erfahrungen beziehen, deutlich ersehen werden. Da bei Mollwitz die hinteren Glieder zuerst zu weichen begannen, ordnete Thüngen an, daß gute Offiziere und auch mög­lichst Hauptleute, „wann deren noch einige übrig seind“, hinter der Front postiert würden, um die Ordnung aufrecht zu erhalten, wenn „es auch bei forfallenden weichen durch niederstossen geschehen musste“ 35 *). Thüngen verbot strengstens jedes Beutemachen, allerdings mit wenig Erfolg. Die Nichtbefolgung dieses Befehls während der Schlacht bei Chotusitz gab Friedrich Zeit, seine Truppen zu sammeln, und hatte üble Folgen für die Österreicher 38). Thüngen beschreibt die Verwendung von Plänklern vor der Schlachtlinie. Von jedem Regiment oder Bataillon sollten 20 bis 30 Mann vorgezogen werden, aber nur wenige Schritte vor ihre Regimenter und in Deckung; sie sollten auch nicht im offenen Terrain verwendet werden, da sie dann, sollten sie zum Rückzug gezwungen werden, leicht die Front in Unord­34) KA Mém. IV — 42 (1741). Die Observationspunkte vor die Cavallerie des Generals von Hohenems sind bloß eine Adaption von Thüngens Observa­tionspunkten an die Bedürfnisse der Kavallerie (Mém. V — 82 [1741]). 35) Thüngen Observationspunkte Paragraph 1. 3«) Ebenda Paragraph 9.

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