Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 27. (1974)
AL-SAMMAN, Tarif: Untersuchungen zur osmanischen Tugra
Untersuchungen zur osmanischen Tugrä 9 mit roter Tinte zeichneten 4S). Nach Hammer-Purgstall wurde „dieser Abdruck des Ballens der Hand und der fünf Finger, deren mittlere drei gerade nebeneinander lagen, der kleine Finger aber und der Daumen weit auseinandergesperrt waren“, bis auf den heutigen Tag als Tugrä oder Unterschrift des Sultans angesehen. Erst die Schreiber deuteten den Abdruck als Ornament verschlungener Buchstaben des Herrschernamens. Den rohen Abdruck der Hand, den der Umriß der Tugrä noch heute nachahmt, gestalteten sie in den Namen des Sultans Hän und seines Vaters mit dem Beisatz „immer siegreich“ aus. Auch das ist schwer zu glauben, weil bis jetzt keine Urkunde gefunden wurde, deren Tugrä einem Handabdruck ähnlich sieht. Man weiß zwar nicht genau, ob die Tugrä von den Oghuzen oder von den Selgüken stammt, doch steht fest, daß sie von alttürkischen Stämmen erfunden wurde. In einer arabischen Quelle heißt es 46), die Tugrä sei ein Zeichen mit einem dicken Rohr; sie werde am Anfang der Sultanserlässe gezeichnet und sei ein tatarisches Wort. Sie sei bei Türken und Persern in Verwendung und besonders vom berühmten Minister Tugrä’i geschrieben worden 47 *). Wir finden die Tugrä auch hei den Mamlüken 4S), aber in einer anderen Form; bis zur letzten Asrafiten-Dynastie wurde sie immer verwendet, nämlich bis zu dem Herrscher Sacbän ibn Husain. Es wird berichtet 49 50 51), daß die Sultane Ägyptens die Tugrä über die Erlässe setzen ließen. Ein eigener Beamter war dazu bestimmt, die Tugrä auf rechteckigem Papier vorzubereiten; die Schreiber klebten dann diese Rechtecke in den dafür bestimmten Raum in der „Turra“ oder auf den oberen Teil des Schriftstückes unterhalb der Basmala (Invocatio) 60). Die Tugrä bestand aus den auf einer Linie geschriebenen „Alqäb“ (Titeln) des Sultans. Der Text der Tugrä des Sultans al Malik an-Näser Muhammad ibn Qaläoün lautet: al-Sultän al-Malik al-Nasir, Näsir al-Duniä wa’l-Din, Muhammad ibn al-Sultän al-Sähid al-Malik al Mansür Saif ad-Din Qaläoün (Taf. 1/2). Die Schäfte aller vertikalen Buchstaben wie Alif, Käf, Läm, Ta, Za, in obiger Tugrä insgesamt 35, sind verlängert, wobei die alleinstehenden Schäfte mit Gruppen von je zwei Schäften abwechseln 61). In der Reihe der Titel finden wir die Worte „hallada-llähu Sultänahu“ (Gott soll seine Herrschaft auf ewig verlängern). Diese Worte wurden nicht vom 45) TO EM 8 54 und Franz Babinger Die großherrliche Tughra in Jahrbuch der asiatischen Kunst 2 (Leipzig 1925) 25. Für das folgende Zitat siehe unten Anna. 63. 46) Kür di Tärih 121 —126. 47) Ibn Hallkän Wafayät 1 282 schreibt in seiner Biographie über Tugrä 5i: dieser heiße eigentlich Husain ibn cAli und führe den Titel Tugrä’i, weil er die Tugrä geschrieben habe. Bekannt ist sein Gedicht „Lamiät al-cAgam“; er wurde Minister in Arbel (in Kurdestan). 4S) Deny Die Tugrä 891. 49) Qalqasandl Subh 13, 162f. 50) Marc Quatremére Sultans Mamlouks II/2 (London 1937) 309f. 51) Qalqasandl Subh 13, 132 gibt die Maße für die zwischen den einzelnen Schäften gelassenen Zwischenräume an.