Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 27. (1974)
AL-SAMMAN, Tarif: Untersuchungen zur osmanischen Tugra
10 Tarif Al-Samman Tugräschreiber geschrieben, sondern vom Schreiber der Urkunde. Bei der Tugrä (Taf. 1/2) ist die Höhe gleich der Breite. Die Dicke der Schriftzüge oder des Rohres war der Anzahl der Schäfte entsprechend verschieden. Zu Taf. 1/3 findet sich eine Beschreibung in demselben Werk Qalqasandls, doch erkennt man hier 45 Schäfte (für 47 vertikale Buchstaben), deren je zwei einander mit schrägen Kanten an den oberen Spitzen gegenüberstehen. Sehr auffallend ist, daß auf den Schäften mit der dicken Tulut-Schrift der Name des Sultans Sacbän ihn Husain (1363 — 1377 n. Chr.) steht. Diese Art von Tugrä wurde nach diesem Sultan nicht mehr verwendet. Gerade dieser Name, Sa'bän ihn Husain, der aus drei Worten besteht, ist in drei Zeilen geschrieben. Er erinnert an das Siegel des Propheten Mohammed (Taf. 1/1), das auch aus drei Worten besteht: „Mubammad Rusül-ulläh“ (Mohammed Prophet Gottes). Die Ordnung der Mamlüken-Tugrä könnte vom Prophetensiegel beeinflußt worden sein, da die Mamlüken- und die osmanische Tugrä (Orhäns 1324) 52) aus derselben Zeit stammen und in der Mamlüken- Tugrä das Prophetensiegel hinsichtlich der Weltrangordnung nachgeahmt wurde. Es wäre also denkbar, daß auch die Orhäns-Tugrä in Nachahmung des Prophetensiegels entstand. Somit scheint eine enge Beziehung zwischen der anatolischen Tugrä des offenen Typus und jener Form, die wir uns als ägyptische bzw. syrische Tugrä des Mamlükenreiches vorstellen müssen53), zu existieren, und diese Annäherung kann als Folge der politischen und kulturellen Kontakte, die vor und nach 1300 Anatolien mit Syrien und Ägypten verbanden, zustande gekommen sein. Was aber die drei langstieligen Buchstaben und die beiden schleifenartigen Wellenstriche in der spät ausgebildeten osmanischen Tugrä betrifft, sind sie durch Weiterentwicklung und Stilisierung umgeformt worden. Die obengenannte Tugrä Orhäns ist die älteste bisher aufgefundene, bekannt durch zwei Dokumente, die erst kürzlich zum Vorschein kamen5'1): eine Gründungsurkunde in persischer Sprache aus dem Jahre 1324 55 56 *) und einen Akt von 1348. Die Orhäns-Tugrä, die beiden Stücken aufgezeichnet ist, hat die offene Form, die der später ausgebildeten Tugrä völlig unähnlich ist. In der Tugrä Muräds I. (1359—1389), des Sohnes Orhäns, hingegen sind fast alle Elemente enthalten, die in der Folgezeit eine Tugrä bildeten. Muräds Tugrä, die nur von einem einzigen Dokument aus dem Jahr 1366 bekannt ist, jedoch auch bei Münzprägungen 58) verwendet wurde, ist somit als Vorbild aller folgenden Tugräs anzusprechen. Während man die Grundform beibehielt (siehe Abb. 1, Fig. 2), 52) Orhän, Sohn des Otmän, 1326—1359. 63) Paul Wittek Notes sur la Tuqhra Ottomane in Byzantion 20 (Bruxelles 1950) 290. 64) Ebenda 267. 55) Ismä'il Haqql Uzuncarsili Bazi Orchan Bey Vakfiyesi in Beliefen 5 277f; 3 (1939) 99f. 56) Babinger Die großherrliche Tughra 194 und Halil Adham Maslcükäti cutmanija (Istanbul 1134 H) Abb. 2 n. 75.