Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 27. (1974)
BALISCH, Alexander: Die Entstehung des Exerzierreglements von 1749. Ein Kapitel der Militärreform von 1748/49
Exerzierreglement 1749 179 1736 bis 1748, die auf diese Mißstände Bezug nehmen. Die meisten dieser Mängel entstanden während der dritten oder vierten Dekade des 18. Jahrhunderts, und zwar hauptsächlich aus zwei Gründen: erstens wegen des zunehmenden Alters des Prinzen Eugen, woraus eine Schwächung der zentralen Kontrolle über die Armee und deren Verwaltung resultierte, und zweitens wegen des Auftretens der hervorragend ausgebildeten und schlagkräftigen preußischen Armee unter Friedrich Wilhelm I. Die erstgenannte Tatsache ließ die bereits bestehenden Schwächen in der Verwaltung und Leitung der Armee noch stärker hervortreten, die zweite wies besonders auf die Notwendigkeit einer Reform der Ausbildungsmethoden und taktischen Ideen hin. Die in den oben erwähnten Dokumenten ausgesprochene Kritik richtete sich in der Hauptsache gegen folgende Übelstände im österreichischen Militärsystem: gegen die Korruption im Hofkriegsrat und gegen dessen schwerfällige Arbeitsweise, gegen Favoritismus und Korruption in der Beförderung von Offizieren, gegen das Fehlen allgemein gültiger Reglements und Exerziervorschriften, gegen den Mangel an Disziplin und Pflichtbewußtsein im Offizierskorps und in der Armee im allgemeinen und endlich gegen das unbefriedigende System der Rekrutierung und Finanzierung. Nur in vereinzelten Fällen wurde Kritik gegen bestehende taktische Gebräuche laut. Obwohl sich die meisten dieser Dokumente nicht direkt auf die Einführung von allgemein gültigen Exerzierreglements beziehen, sondern sich mit anderen Problemen des Militärsystems befassen, so sind sie doch in diesem Zusammenhang von Interesse, da sie den weiten Umfang der notwendig gewordenen Reformen aufzeigen. Außer militärischen Reformen erachtete Maria Theresia überdies die Reform der gesamten Staatsverwaltung für notwendig. Die Weitläufigkeit der von ihr unternommenen Reformen kann daher als teilweise Erklärung der Unzulänglichkeit einiger der gefaßten Maßnahmen angenommen werden: zu viele Veränderungen und Neuerungen mußten in zu knapper Zeit veranlaßt werden. Die Einführung allgemeiner Reglements für die Armee in den Jahren 1748 bis 1751 stellte nur einen kleinen, wenn auch wichtigen Teil dieser großen Reformarbeit dar. Ohne die direkte und interessierte Einflußnahme Maria Theresias wäre der Entwurf und die Einführung dieser Reglements vielleicht nicht so schnell verwirklicht worden oder sie wären ebensowenig befolgt worden wie das Reglement von 1737. Daher kann die Einführung und allgemeine Befolgung dieser Reglements trotz ihrer Schwächen als eine beachtenswerte Leistung angesehen werden. Die Arbeitsweise des Hofkriegsrats kam in den obenerwähnten Dokumenten öfters unter Kritik. Während der dreißiger Jahre hatten einige zivile Räte des Hofkriegsrats unverhältnismäßig großen Einfluß erlangt, der oftmals usurpiert war. Feldmarschall Khevenhüller kritisierte in einem 12*