Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 27. (1974)
BALISCH, Alexander: Die Entstehung des Exerzierreglements von 1749. Ein Kapitel der Militärreform von 1748/49
178 Alexander Balisch weisen die Urkunden deutlich, daß der Entwurf von 1717 als Grundlage des Reglements von 1737 verwendet wurde 26). Es existiert genügend Beweismaterial für die Annahme, daß das Reglement von 1737 nicht von der ganzen Armee akzeptiert wurde. Maria Theresia sagt in einer ihrer Denkschriften: „Wer würde glauben, daß nicht das Mindeste eingeführet wäre in Regul bei meinen Trouppen? Ein jeder macht ein anderes Manöver in Marche, in exercitio und in allem; einer schüssete geschwind, der andere langsam; die nämliche Wort und Befehle wurden bei einem also, bei dem anderen wiederum anders ausgedeutet ..27 *). 1741 betont FM Thüngen in seinen Observationspunkten bei der Infanterie 2S) die Notwendigkeit der Einführung einer Gleichheit in Evolutionen, und die damals noch immer herrschenden Ungleichheiten in Drill und taktischen Evolutionen sind auch aus anderen Dokumenten zu ersehen 29). Als die österreichische Armee im ersten Schlesischen Krieg zum ersten Male der preußischen Armee gegenüberstand, wurde die bessere Ausbildung und die bessere Disziplin der Preußen offenbar; ein Resultat der gleichförmigen Instruktionen, intensiven Drills und häufiger Manöver und Paraden. Die Beschreibungen der Schlachten der ersten zwei Schlesischen Kriege beweisen klar die Überlegenheit der preußischen Infanterie. Andererseits bezeugte der österreichische Erbfolgekrieg eher die Überlegenheit der preußischen Infanterie als eine allgemeine Verwahrlosung und Unterlegenheit der österreichischen Armee; denn, obwohl die Österreicher den Preußen in jeder Schlacht unterlagen, waren sie in den meisten Gefechten gegen Franzosen, Bayern und Spanier erfolgreich. IV Da das Reglement von 1737 nicht zur allgemeinen Anwendung kam, erfüllte es nicht seinen Zweck. Außerdem litt die österreichische Armee unter mehr Übelständen als dem Fehlen eines allgemeinen Reglements. Mehrere österreichische Generäle sowie einige Staatsminister erkannten diese Unzulänglichkeit und auch Maria Theresia war sich deren bewußt, wie ihre Denkschrift deutlich erkennen läßt. Das österreichische Kriegsarchiv besitzt mehrere Memoranda, Vorschläge und Berichte aus den Jahren 26) Protocollum Commissionis das künftige militär Systema betreffend: KA Mém. IX — 152 (1748) fol. 269 f. 27) Erste Denkschrift Maria Theresias in Kaiserin Maria Theresias politisches Testament, hg. von Josef Kallbrunner (Wien 1952) 72. 28) KA Mém. IV — 42 (1741). 29) Vgl. z. B. die Memoranda des Generals der Kavallerie von Hohenembs: KA Mém. V — 82 (1741) und des FZM Leopold von Daun: KA Feldakten (= FA)/Cabinettsakten (= CA) 1745/13/10 und ad 10.