Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 27. (1974)

BALISCH, Alexander: Die Entstehung des Exerzierreglements von 1749. Ein Kapitel der Militärreform von 1748/49

Exerzierreglement 1749 173 im Vorwort zu seinem Regimentsreglement auf die Verwirrung, die we­gen des Fehlens allgemein gültiger Exerzierreglements entstand: „Die fast tägliche Erfahrung lehrt, daß in allen Communitaten nichts weniger als Uibereinstimmung der Meinungen zu finden ist, sondern daß bei der kaiserl. Armee, so viele Generale allda, auch ebensovielerlei Befehle ertheilet werden, indem der eine dieses, der andere jenes anordnet, überdem noch jeder Recht zu haben, in der Meinung ist, und die Untergebenen aber jederzeit zu gehorsamen schuldig sind. Es kommt jedoch nur daher, weil niemals ein Reglement vorge­schrieben worden ist, wornach man sich eigentlich richten soll. Inmittelst wer­den die Untergebenen ... dergestalt in Confusion gebracht, daß sie niemals wis­sen können, was recht und gebräuchlich bei der Armee ist. Diesemnach geraten alle die guten Gebräuche, die hie und da bei einem Regimente üblich sind, in Vergeßenheit, und werden auf diese Weise gänzlich verlernet, ja es ist leider so weit gekommen, daß die Officiere nicht mehr wissen, wie sie ihre comman- dirende Generalität empfangen und salutiren sollen“ 10). Regal betont weiter, daß alle Punkte seines Reglements genauest einge­halten werden sollen, es sei denn, daß die Generalität etwas Entgegen­gesetztes befehlen sollte. Dann mußten deren Befehle befolgt werden, aber „nicht länger als das Commando der gemeldeten Generalität dauert, weil nach dessen Beendigung auch ihre Ordres ein Ende haben ...“ 11). 1(b) Bedingt durch andere verfassungsmäßige Umstände, hauptsächlich da­durch, daß die Armee viel mehr unter der Kontrolle des Monarchen war, nahm die Entwicklung der Reglements in Preußen einen ganz anderen Verlauf, wo sie schon von Beginn des 18. Jahrhunderts an direkt auf Ver­anlassung des Königs verfaßt wurden und für die ganze Armee gültig waren. Außerdem erfaßten die Preußen ganz richtig die Notwendigkeit — da sie in Anbetracht ihres verhältnismäßig kleinen und armen Staates kein zahlenmäßig großes Heer erhalten konnten —, eine umso tüchtigere und schlagkräftigere Armee zu schaffen. Dieses Ziel war nur durch inten­siven Drill und strengste Disziplin zu erreichen. König Friedrich I. versuchte als erster der preußischen Regenten Organi­sation, Drill und Taktik der Armee zu vereinheitlichen. Das erste für die gesamte preußische Armee gültige Reglement erschien im Jahre 1702, das Exercice von den Handgriffen mit der Flint. Laut diesem Reglement wur­den die für die Chargierung nötigen Handgriffe noch immer langsam aus­geführt, jedes Kommando von Trommelwirbeln angekündigt und vom Flügelmann des Pelotons, welches jetzt an Stelle der Rotte zur Grundein­heit wurde, vorexerziert. Die Aufstellung des Bataillons in vier Gliedern 10) Aus der Einleitung zu Regals Reglement zitiert bei Franz Müller Die kaiserlich königliche österreichische Armee 2 (Prag 1845) 314 f. 11) Ebenda.

Next

/
Thumbnails
Contents