Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 27. (1974)

MATHIS, Franz: Neue Aspekte zur Planung des süddeutschen Feldzuges von 1704

Süddeutscher Feldzug 1704 165 Interessant scheint auch die chiffrierte Bemerkung Lescheraines in seinem Bericht vom 11. April, . j’ai tout lieu de erőire que Milord ira au Danube et dans le lieu oú il y aura le plus de danger, car s’il ne fait pás une bonne Campagne, il est perdu en Angleterre, et il a bien eu de la peine a s’excuser sur celle passée, si bien qu’il se trouve dans la nécessité de faire quelques actions d’éclat“70). Ähnliche Gesichtspunkte brachte ja auch Wratislaw zur Sprache, wenn er auf die Verantwortung hin wies, die Marlborough vor dem englischen Volk hatte. Nach Lescheraine hätte Marl­borough also deswegen einen Marsch an die Donau erwogen, weil erstens von Bayern die größte Gefahr ausging und weil zweitens nur die Besei­tigung der größten Gefahr jene „actions d’éclat“ dargestellt hätte, die er zur Festigung seiner Stellung in England brauchte. Nach all dem Gesagten ist verständlich, daß die Frage nach dem Ursprung des Gedankens eines Donauzuges nicht überzeugend beantwortet werden kann. Da es vor allem die kaiserlichen Interessen waren, die nach einer entscheidenden Aktion gegen Bayern verlangten, wird in London die Idee wohl von Wratislaw zum ersten Mal geäußert worden sein, obwohl auch der Herzog selbst als Urheber nicht auszuschließen ist. Lescheraine kommt weniger in Frage, da ihn seine Berichte im Gegensatz zu denen Wratislaws eher als Vermittler zwischen Ludwig, den Generalstaaten und Marlborough erscheinen lassen und nicht als einen Mann, der seinerseits auf eine wirksame Unterstützung des Reiches drängte; zudem hatte er schon im Falle der mysteriösen Denkschrift in Den Haag nicht gewagt, über seine Instruktionen hinauszugehen. Ob nun hinter Wratislaws Tätig­keit Prinz Eugen stand, muß offen bleiben, da uns das vorliegende Quel­lenmaterial dazu keine Aufschlüsse bietet. XI Mit fortschreitender Jahreszeit dachte man in London allmählich an Marl- boroughs Überfahrt nach Holland, damit er dort frühzeitig den Feldzug eröffne, was auch von den Generalstaaten sehr gewünscht wurde71). Gleichzeitig traten die Beratungen zwischen Wratislaw und Marlborough in die entscheidende Phase. Sobald Wratislaw den Eindruck gewonnen hatte, „daß Marlborough die erfundene Distinktion der Truppen als ein Sach, so allein Deutschland solvieren kann, sich gefallen lassen“ 72), setzte er eine Denkschrift auf, die er nach einer Absprache mit dem Herzog und Godolphin am 2. April der Königin vorlegte. Anna möge Marlborough beauftragen, mit den Generalstaaten „la maniére la plus prompte pour 7«) Lescheraine an Johann Wilhelm, 1704 April 11 Den Haag (wie Anm. 66). 71) Vrijbergen an Fagel, 1704 März 14 London: AR SG 6007. 72) Wratislaw an Leopold, 1704 April 4 London (wie Anm. 53).

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