Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 27. (1974)

MATHIS, Franz: Neue Aspekte zur Planung des süddeutschen Feldzuges von 1704

Süddeutscher Feldzug 1704 161 sollten die weiteren Beratungen mit Marlborough eine endgültige Ent­scheidung bringen 56). Lescheraines Memorandum war aber nicht das einzige, das den Herren vom Staatsrat vorgelegt wurde. „La mémoire qui a été livrée hier au soir á la conférence outre la mienne consiste á donner au Prince de Savoie une armée de 60 miile hommes pour attaquer l’Electeur de Baviére“ 57). Hier taucht zum erstenmal in den Quellen der Gedanke auf, daß Eugen selbst gegen Max Emanuel ins Feld ziehen solle. Bisher war dafür nur der Markgraf von Baden in Frage gekommen. Leider gelang es Lescheraine nicht, den Verfasser dieser Denkschrift, von deren „bonté“ er überzeugt war, ausfindig zu machen. Zudem bedauerte er, aus Wien keine Instruktionen dazu zu haben, da er sie sonst unterstützen hätte können. Denn obwohl er die Idee für „excellent“ hielt, hätten ihm seine Weisun­gen nicht erlaubt, etwas dazu zu sagen. Er zweifelte zwar am Erfolg dieses Projektes, das auch die Verwendung seemächtlicher Truppen an der Do­nau vorsah, glaubte jedoch, daß, „si Ton a une fois l’armée de la Reine d’Angleterre ä la Moselle, il sera facile de la faire aller aux lignes de Stollhofen et Bühl [am Oberrhein], et les troupes qu’y seront pourront aller au secours du Danube“ 58). Bei Lescheraine und demnach auch in Wien herrschte also immer noch die Ansicht vor, man müsse die seemächt- lichen Truppen an den Oberrhein ziehen, um die dort stationierten kaiser­lichen Kräfte an der Donau gegen Max Emanuel einsetzen zu können. Denn auch Eugen sah nach wie vor die Hauptaufgabe darin, eine neuer­liche Vereinigung der Franzosen in Süddeutschland zu verhindern, und zwar am Oberrhein, da man dort den Durchbruch erwartete. Er war daher der Meinung, daß „der prinzipalste Punkt darinnen besteht, daß man ent­weder durch Diversion oder durch starke Gegenwehr verhüte, damit der Feind nicht durchbreche und sich aufs neue mit Kurbayern konjugiere“ 59). Noch bevor nun Lescheraine am 13. März in London eintraf, war im eng­lischen Kabinett im Beisein der Königin über seine Denkschrift und die Antwort darauf beraten worden. Marlborough wurde beauftragt, mit den Holländern über die Zahl der von England für die Moseloperation zu stel­lenden Truppen zu verhandeln. Im vertraulichen Gespräch mit Marl­borough und Wratislaw jedoch erfuhr jetzt auch Lescheraine, daß des Herzogs Absichten noch immer auf eine Belagerung Landaus hinziel­ten 60). 66) Lescheraine an Johann Wilhelm, 1704 März 7 Den Haag: ebenda fol. 237; Geheime Entschließung der Generalstaaten von März 6: Ritter Politik und Kriegführung 192. 57) Lescheraine an Johann Wilhelm, 1704 März Den Haag (wie Anm. 54). 58) Lescheraine an Johann Wilhelm, 1704 März 7 Den Haag (wie Anm. 56). 59) Eugen an Friesen, 1704 März 5 Wien: Kriegsarchiv Wien Alte Feldakten 1704 Röm. Reich 3/13. «<*) Lescheraine an Johann Wilhelm, 1704 März 18 London: GStA Kasten Mitteilungen, Band 27 11

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