Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 27. (1974)
MATHIS, Franz: Neue Aspekte zur Planung des süddeutschen Feldzuges von 1704
162 Franz Mathis Wratislaw selbst hatte es sich den ganzen Monat März hindurch zur Aufgabe gemacht, Marlborough in dieser seiner Absicht zu bestärken. Immer wieder führte er ihm „den üblen Zustand des Deutschland und die Kräften, so Frankreich zu Unterdrückung des Reiches anwendet, wie nicht weniger den daraus erfolgenden Untergang des Universi“ vor Augen. Da er aus Erfahrung wußte, wie stark der Einfluß der Holländer auf Marlborough sein konnte, machte er ihn auf die Verantwortung aufmerksam, die „bei der Nation er sich auf den Hals ziehen würde, wann aus einer gar zu großen Complaisance vor Holland er die obigen Sachen vernachlässigen sollte.“ Er versicherte ihm auch, daß ihm in Deutschland „des Kommando halber nichts Widriges zugemutet werde.“ Und da sich Wratislaw der Schwierigkeiten bewußt war, welche die Holländer einer Operation südlich der Mosel entgegensetzen würden, brachte er, wie schon erwähnt, „die Distinktion von denen englischen und holländischen Truppen ... auf das Tapet.“ Die eminente Gefahr für Deutschland und der Appell an Marl- boroughs Verantwortung einerseits und ein günstiges Kommando über nur englische Soldtruppen andererseits sollten den Herzog zu einem Einsatz in Deutschland bewegen * 61). X Bevor wir uns mit der Frage auseinandersetzen wollen, wann Landau in den Gesprächen zwischen Marlborough, Wratislaw und Lescheraine als Operationsgebiet der Donau wich, müssen wir uns noch einmal den Plänen und Beratungen in Aschaffenburg und Wien zuwenden. Markgraf Ludwig zog nach wie vor eine Eröffnung des Feldzuges am Oberrhein allen anderen Möglichkeiten vor, wobei er Marlborough die Wahl ließ, die Belagerung von Landau selbst zu leiten oder den Markgrafen dabei zu decken. An zweiter Stelle kam bei Ludwig eine Operation an der Mosel in Betracht, und zwar dann, wenn die Offensive am Rhein auf Ablehnung stoßen bzw. vom Feind vereitelt werden sollte. Erst an dritter Stelle dachte er an einen Angriff gegen Bayern. Dazu müßten jedoch die Seemächte, ungeachtet ihrer späteren Entscheidung für Mosel oder Landau, sofort ein Truppenkontingent an die Mosel entsenden, um dadurch die Feinde zu zwingen, zum Schutz ihrer Festungen ein beträchtliches Korps an diesen Fluß zu werfen. Damit würde eine Offensive der Franzosen am Oberrhein unterbunden, sodaß Ludwig alle kaiserlichen Kräfte gegen Bayern wenden und dort durch seine zahlenmäßige Überlegenheit den Krieg beenden blau 81/4 fol. 249; Hare’s Journal fol. 12; Marlborough an Fagel, März 17 St. James: Murray Letters 1 242. Über die Datierung von Marlboroughs Brief an Fagel vgl. Mathis Marlborough und Wratislaw 128. 61) Wratislaw an Leopold, 1704 April 4 London (wie Anm. 53).