Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 27. (1974)
AL-SAMMAN, Tarif: Untersuchungen zur osmanischen Tugra
Untersuchungen zur osmanischen Tugrä 7 dem Sogdischen und Aramäischen stammendes Alphabet wurde von der arabischen Schrift verdrängt und starb aus 31); zudem nahmen sie auch noch viele Wörter aus dem Arabischen in ihre Sprache auf 32). Das arabische Alphabet und seine verschiedenen Schriftarten, vom Küfi angefangen bis zum Riqca, wurde von den Türken sehr gerne verwendet. Sie bildeten die Schrift noch weiter aus und verfeinerten sie. So entstanden wahre Kunstschriften, von denen viele berühmt geworden sind. Einige Sultane nahmen aktiv Anteil an der Ausbildung dieses artifiziellen Typus33); sie schrieben den Koran und religiöse Verse ab und schenkten sie den Moscheen oder hängten sie in ihren Palästen auf. Auch die nordkaukasischen ugrofinnischen Bolkaren in der Ebene des Flusses Tschenk in Tscbegmen und Baksan schreiben arabisch, soweit sie Moslems sind. In Europa ergaben sich am ehesten die bosnischen Serben, die bulgarischen Pomaken und die Albanesen dem Islam und übernahmen damit auch die arabische Schrift. Dabei spielte die politische Macht des Türkentums kaum eine Rolle 34). Die bosnischen Moslems haben es sogar zu einer fruchtbaren und vielseitigen eigenen Literatur gebracht, und die Volkslyrik in Bosnien und der Herzegowina blühte wie in keinem anderen südslawischen Land. 1912 erschienen in den Publikationen des bosnisch-herzegowinischen Institutes für Balkanforschung in Sarajewo Serbokroatische Dichtungen bosnischer Muslims aus dem 17.—19. Jahrhundert in arabischer Schrift. Man ist sogar daran gegangen, die arabische Schrift noch besser an die serbische Sprache anzupassen. In den fünfziger Jahrendes 19. Jahrhunderts wollte die britische Verwaltung in allen Schulen und Ämtern Indiens die arabische Schrift durchsetzen, sie hatte aber Schwierigkeiten mit der brahmanischen Bevölkerung 35). Umgekehrt fiel es der türkischen Regierung nicht leicht, die in der Türkei bis vor kurzem übliche arabische Schrift mit der lateinischen zu vertauschen; mancherorts mußte sie dabei sogar Gewalt an wenden. Täher Kurdi 36) führt in seinem Buch eine Liste an, in der er fünf verschiedene Sprachgruppen nennt, welche die arabische Schrift verwenden: 1. die türkische Sprache mit etwa 40 Millionen Vertretern, die der arabischen Schrift kundig sind, 2. die indischen Sprachen mit etwa 96 Millionen, 3. die persischen Sprachen mit etwa 17 Millionen, 4. die afrikanischen Sprachen mit etwa 40 Millionen und 5. die arabische Sprache mit etwa 60 Millionen. 31) Theodor Menzel Der 1. Turkologische Kongreß in Baku in Der Islam 16 (Berlin 1927) 174. 32) W. Boiland Schriftreform in der Türkei in Mitteilungen des Seminars für orientalische Sprache zu Berlin 1. Abt. (1928) 70f. 33) Habib Haft 40 nennt einige Sultane, die die Kunstschrift schrieben. 34) Petrau Schrift 517. 35) Ebenda 17. 36) Kurdi Tärih 47.