Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 27. (1974)
MATHIS, Franz: Neue Aspekte zur Planung des süddeutschen Feldzuges von 1704
158 Franz Mathis lerdings schwere Bedenken. „Es sei mehr als zu viel bekannt,“ meinte er, ..daß alles was auf den kaiserlichen Hof ankomme, teils aus Unvermögen, teils aus Langsamkeit und übler Konduite, nimmer wie es gehörig, noch zu rechter Zeit furniert werde“ 47). Schütz versuchte, Marlborough diese Bedenken zu zerstreuen, und betonte, daß es zum Gelingen dieses Unternehmens vor allem notwendig sei, mit Hilfe von seemächtlichen Truppen den Rhein gegen weitere Einfälle der Franzosen nach Deutschland zu sichern. Dazu wiederum bedürfe es einer defensiven Haltung in den Niederlanden selbst. Die so ungünstige Stimmung in Holland, die Marlborough gezwungen hatte, Landau vorläufig zurückzustellen, veranlaßte ihn nun auch Schütz gegenüber zu einer gewissen Skepsis. Die Holländer seien kaum bereit, erwiderte er, so viele Truppen an den Rhein marschieren zu lassen, da der Feind seine Kräfte in den Niederlanden angeblich nicht nur ergänzt, sondern sogar mit neuen Regimentern verstärkt habe, sodaß die Generalstaaten die bereits errungenen Vorteile in den Niederlanden in Gefahr sahen. Trotz dieser widrigen Situation betonte Schütz noch einmal, es „komme so hauptsächlich auf die vielgemelte Reduktion Kurbayerns an, daß billig alle anderen Desseins auf die Seite gelegt und diesem Platz geben müßten“ 48). Während also Marlborough dem hannoveranischen Gesandten gegenüber eher zurückhaltend über den kommenden Feldzug sprach und ihn seine geheimsten Pläne in keiner Weise wissen ließ, zeigte er Graf Wratislaw, daß er nach wie vor an eine Wiedereroberung Landaus dachte. Zu diesem Zweck wünschte Marlborough über den Grafen von Prinz Eugen einen Plan zur Belagerung jener Festung und eine Angabe der von kaiserlicher Seite dafür vorgesehenen Truppen. Außerdem wollte der Herzog anschließend des Kommandos an der Mosel versichert sein, um dem Markgrafen von Baden nicht ins Gehege zu geraten 49). Nach all dem Gesagten scheint also der Schluß erlaubt, daß Marlborough noch Anfang März zwar von der Notwendigkeit einer Offensive gegen Kurbayern überzeugt war, diese aber von Markgraf Ludwig ausgeführt wissen wollte, während er sich selbst die Eroberung Landaus und eine anschließende Operation an der Mosel vorgenommen hatte. Marlborough mißfiel daher vor allem Ludwigs Absicht, selbst Landau zu belagern und er beklagte sich, daß „des Prinz Louis von Baden Projekten diesem Dessein [Unterwerfung Bayerns] noch immer zuwider [seien], und konti- nuierte derselbe in der Meinung, mit der größten Macht am Rhein zu agieren“ 50). Die Verwirklichung der Offensive gegen Bayern machte der Her4") Ebenda. 48) Ebenda. 49) Wratislaw an Karl, 1704 März 11 London: Ritter Politik und Kriegführung 193. 60) Schütz an Georg Wilhelm, 1704 März 18 London: NHStA Celle Br. Arch. Des. 13, n. 34.