Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 27. (1974)
MATHIS, Franz: Neue Aspekte zur Planung des süddeutschen Feldzuges von 1704
Süddeutscher Feldzug 1704 147 dieser „sans reserve et avec toutes les circonstances requises“ 12) seine Gedanken mitteilen könnte. Marlborough glaubte nun, all diese Voraussetzungen in Sinzendorf gefunden zu haben. Trotz der Einwände Sinzen- dorfs, daß Kaiser Leopold für einen solchen Kongreß in erster Linie seinen Gesandten in Den Haag nominieren würde und daß er selbst ja bereits mit einem Auftrag in den Niederlanden und bei der Armee betraut sei, wollte sich Marlborough von seinem Projekt nicht abbringen lassen. Er schrieb ein zweites Mal an Stepney, „afin que Sa Majesté Impériale puisse non seulement étre informé au plus tőt de la nécessité du dit Congrés, mais combién je souhaite M. de Sinzendorf préférablement á tout autre, tant pour son grand mérite et expérience, tant pour la confiance que je puis avoir en sa capacité dans les affaires de la plus grande conséquence, qu’il nous faudra agiter ensemble, pour le bien de la cause commune“ 13). Diese eindeutige Stellungnahme Marlboroughs für Graf Sinzendorf bedarf einiger Erklärungen, umso mehr als die so gedeihliche Zusammenarbeit des Feldzuges 1704 nicht mit Sinzendorf, sondern mit Wratislaw zustandekam. Warum Marlboroughs Wahl für diesen Kongreß auf Sinzendorf fiel und nicht etwa auf Wratislaw, läßt sich aus Mangel an Quellen nicht genau feststellen. Wahrscheinlich schien ihm Sinzendorf sowohl mit den Generalen als auch mit den sonstigen Verhältnissen in den Niederlanden und am Niederrhein vertrauter als Wratislaw, zudem wußte er um die feste Absicht des letzteren, im Frühjahr endgültig nach Wien zurückzukehren. Was die übrigen Eigenschaften anlangt, die nach Marlborough den kaiserlichen Abgesandten zum Kongreß auszeichnen sollten, stand Wratislaw seinem Kollegen wohl kaum nach. Denn daß er neben den politischen und militärischen Kenntnissen auch das tiefe Vertrauen des Engländers besaß, wurde in den kommenden Monaten des öfteren unter Beweis gestellt. In der Folge scheint es dann immer mehr Sinzendorf gewesen zu sein, der auf die Einberufung eines Kongresses drängte, während Marlborough offensichtlich das Interesse dafür verlor. Da aber auch Leopold I. nach wie vor der Meinung war, ein solcher Kongreß könne kaum seinen Interessen dienen, verlief diese Angelegenheit, ähnlich wie die geplante Gipfelkonferenz zwischen Eugen und Marlborough, bald im Sande. Gerade dadurch wurde aber Wratislaws Stellung in der Planung des bevorstehenden Feldzuges erneut gehoben, da er sich als einziger kaiserlicher Minister fast ständig in unmittelbarer Nähe des Herzogs befand 14). 12) Marlborough an Stepney, 1703 Oktober 30 Den Haag: British Museum London (= BM) Add. Mss. 37351 fol. 39. is) Ebenda; Marlborough an Stepney, 1703 Oktober 22 Alderbeesten: Murray Letters 1 200. 14) Sinzendorf an Marlborough, 1704 Jänner 10 Frankfurt: BP F/II/10; Whitworth an Cardonnel, 1703 Dezember 29 Wien: BM Add. Mss. 37351 fol. 318; 10*