Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 27. (1974)
AL-SAMMAN, Tarif: Untersuchungen zur osmanischen Tugra
Untersuchungen zur osmanischen Tugrä 5 die Tugrä. Bei den Osmanen aber hieß diese Schrift Diwäni (Schrift der Kanzlei) 21). In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts entstand ein jüngerer Schrifttypus, der sehr einfach zu schreiben war, da auf die prunkvolle Ausgestaltung der Buchstaben kein Wert mehr gelegt wurde. Statt der schönen Beugungen bemerken wir einfache, ja flüchtige Schriftzüge. Man nennt diese Schrift Riq'a-Schrift oder Konzeptschrift22). Sie wurde in niederen Kanzleien oder von Privatpersonen, selten nur auf Münzen oder Siegeln gebraucht. Während die Osmanen sie häufiger benützten, lehnten die Araber sie ab. Auf andere Abarten der arabischen Schrift, wie sie sich in Nordafrika, Spanien und anderen Ländern 23) entwickelten, kann hier nicht eingegangen werden. Was uns in diesem Zusammenhang interessiert, sind ja nur die Schriften, die in der osmanischen Zeit benützt wurden. III Als der Islam entstand, war die arabische Schrift schon bekannt, aber noch nicht verbreitet; sie war von Hirä und Anbär in Mesopotamien aus nach der arabischen Halbinsel gebracht worden. Nach der Überlieferung soll nämlich Ibn üadän, der in Anbär lebte, nach Mekka gekommen sein und dort Harb ibn Umayya 24) die arabische Schrift gelehrt haben, der sie dann in Mekka bekannt machte. Zur Zeit der Ankunft des Propheten schrieben bereits einige seiner späteren Freunde die neue Schrift: cOmar, cOsmän, cAli, Tallja, dann die drei Söhne Abi Sufiäns, Mocäwia, Yazid, Ibn UJbeida. Auch Frauen kannten diese Schrift, so Saffa, die Tochter cAbdullähs, und Hafsa, Mohammeds Frau. Nachdem Mohammed nach Medina gekommen war, lebten dort die zwei Sippen „Äus“ und „Hazrag“, von denen einige Personen die arabische Schrift kannten 2S). Mohammed befahl nun cAbdulläh ibn Sacid ibn al-Äsi, die Analphabeten in Medina die arabische Schrift zu lehren 26). Im Badr-Krieg nahmen die Mohammedaner einige Gegner gefangen und ließen sie unter zwei Bedingungen frei: entweder mußten sie Geld zahlen oder sich verpflichten, die arabische Schrift zehn Kinder zu lehren. „Lehrt eure Kinder lesen, schreiben, 21) Diwan = Kanzlei, Büro. 22) Riqca = Stück Papier oder Konzept. 23) Fekete Einführung 21. 24) Harb ibn Umayya ibn cAbd Sams aus der Sippe Qurais, der größten Sippe in Mekka; er ist der Großvater von Mo'äwia, dem 1. Umayyäden-Kalifen in Damaskus. 25) Täher Kurdi Tärih al-hatt al-'-ardbl (Kairo 1939) 54; er nennt Zaid ibn Täbet, Zaid ibn Zurära, Munder ibn ‘Amr, Ubay ibn Kacb, Räfi' ibn Mälik, Usaid ibn Hudair, Macn ibn cAdI, Aus ibn Haul!, Abü cAbs ibn Qusair und Baslr ibn Sädän. 26) Ibn 'Abdul-Bir Al-IstAäh (Delhi 1934) 93.