Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 27. (1974)
AL-SAMMAN, Tarif: Untersuchungen zur osmanischen Tugra
4 Tarif Al-Samman dort nur hartes Schreibmaterial, wie Stein, Pergament etc. Daher konnte sich am Anfang das Nes’hi in Syrien nicht so schnell verbreiten, während in Ägypten im Papyrus 13) ein geeigneter Schreibstoff für die zügige Kursive zur Verfügung stand. Nach der Verbreitung des Papiers 14) in Syrien und Arabien schrieb man dort die Nes’hi-Schrift noch ausgeprägter kursiv und schwungvoller als in Ägypten 15); der Syrer zeigte damit seine Vorliebe für die abgerundete Schrift, die mit der Zeit allgemein wurde und im ganzen arabischen Schriftbereich zur Verwendung kam. Unter den Dynastien der Ayüblden, dann der Mamlüken und Selguken und schließlich der Osmanen entwickelten sich neue Abarten mit feierlichen Formen, wie Diwäni und Tacl!q16); viele wurden später für verschiedene Verwendungszwecke der Schrift ausgebildet, so der ornamentale Igäzi- Typus für die Abschriften von Codices. Nach der Überlieferung erfand im 11. Jahrhundert Ibn Bawäb 17) eine neue Abart, das Muljaqaq, das wegen seiner eckigen Buchstaben der alten Küfi-Schrift ähnelte. Im Muhaqaq zeichnete man Kunstwerke der Literatur und religiöse Lehrsätze auf. Ihm ähnlich ist der Raihäni-Typus, nach dem Schreiber cAli Raibäni benannt, der ihn für Inschriften und Gebetstexte entwarf. Eine sehr wichtige Abart des Nes’hi ist die Tulut-Schrift, die sich überall durchsetzte. Auch sie soll Ibn Muqla erfunden haben18). Sie erhält ihre Eigenart durch eine besondere Federführung; ähnlich der Breitfederschrift kennt sie haardünne und breite Linien. Häufig laufen Wort- oder Silbenendungen in Haarstrichen aus. Sie wurde besonders von den Osmanen verwendet, z. B. in der osmanischen Tugrä und auf Münzen. Einige Varianten dieser Art sind uns bekannt: üall Tulut, Gubarí Tulut und cOtmanli Tulut19). Die Araber verwendeten für diese Schrift (und später für andere Schriften) eine Art Doppelschrift mit schattenartigen Parallelzeichen hinter jedem Buchstaben. Damit ist die Entwicklung der arabischen Schrift aber noch nicht zu Ende. Die wichtigste der entstandenen Abarten nennt man Taliq 20) (übersetzt: zusammenhängende Schrift); Silben und Wörter rücken hier näher zusammen, sie werden häufiger miteinander verbunden. Verwendet wurde sie vor allem in Persien, dann aber auch in höheren Kanzleien der Osmanen für feierliche Urkunden, besonders Unterschriften und schließlich auch für 13) Adolf Grohmann Allgemeine Einführung in die arabischen Papyri (Wien 1924) 13. 14) Josef Karabacek Neue Quellen zur Papiergeschichte (Wien 1882) 24ff. 15) Moritz Arabische Schrift. 18) Habib Hatt 22. 17) Er heißt CA1I ibn Hiläl, der zweite berühmte Schreiber nach Ibn Muqla. Man sagt, daß er über 64 Codices kopierte; er starb in Bagdad 1032 n. Chr. Vgl. auch Habib Hatt 44 und QalqaSandi Subh 17. 18) Über Ibn Muqla: Habib Hatt passim. 19) Lajos Fekete Einführung in die osmanische türkische Diplomatik (Budapest 1926) XVIII. 20) Ta'llg = anhängen.