Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 27. (1974)

THOMAS, Christiane: „Moderación del poder“. Zur Entstehung der geheimen Vollmacht für Ferdinand I. 1531

Moderación del poder 107 sich wieder an den Konferenztisch. Der Kaiser hatte zwar der Wahlallianz beigepflichtet, hielt sie aber in dieser Form für ungenügend. Nach seinen Vorstellungen sollte die Gelegenheit genützt werden, der Verteidigungs­bereitschaft zur Behauptung der Wahl offensiven Charakter zu verleihen, d. h. das Problem der Glaubensspaltung und die Planung des Konzils mit der Wahlfrage zu koppeln. Von der Defensive sollten alle Bündnispartner unter Zuziehung der katholischen Stände zum Angriff schreiten, wenn die „Sektierer“ den Gehorsam verweigerten und kein Konzil zustande kä­me. Am 12. Januar wurde zwar ein Zusatzvertrag aufgesetzt, doch lie­ßen sich die Kurfürsten von Karl nicht überrumpeln, unterschieden scharf zwischen Hilfsmitteln gegen die Wahlanfechtung und solchen zur Bereini­gung der Auseinandersetzung um Religion und Glauben und lehnten es ab, den abseits Stehenden „furzukomen“ 24). Weiters mußten unter anderem die schriftlichen Äußerungen der Schmal- kaldener „der wähl halben außgangen“ und bezüglich des Eingreifens des Fiskals vorgenommen und über das kaiserliche Verabschiedungsschreiben an Kurprinz Johann Friedrich von Sachsen geurteilt werden 26). Dazu gesellte sich ein Beratungsgegenstand, der Ferdinands Interessen zu­tiefst berühren mußte und für diese Untersuchung wichtige Hinweise auf Karls Haltung zur Königswürde des Bruders liefert: Der Kaiser bat die Kurfürsten, die „gwalt“, die „eyn Römischer konig haben soell“, abzu­stecken und hiebei darauf zu achten, seine eigene Majestät nicht zu „ver- cleynen“. Der Auftrag zu „bedencken unnd rhatslagen“ war zwar allein an die Wähler gerichtet, ihrer Erwiderung schloß sich aber auch Ferdinand an, der somit in diesem Punkt die kurfürstliche Partei mitrepräsentierte und nicht etwa von Karl auf dessen Seite gezogen wurde 26). Ein imponierend reiches Programm von Besprechungen, das in wenigen Tagen abgewickelt wurde. Als sich die Brüder am 15. Januar trennten — „et aujourd’uy se part l’emperur Mons. et moy aussy, chequn ä sa che- quune“ berichtete Ferdinand der Schwester Maria —27 28), war außerdem das Mandat an die Reichsstädte, dem König zu huldigen, ausgefertigt 2S). Da die ostensible Vollmacht das Datum des 16. Januar aufweist, müssen 24) Karls Vorschlag: HHStA ME A WuKA 3/B fol. 119 v—121 r; französische Fassung: Lanz Staatspapiere 57 ff. Antwort der Kurfürsten: HHStA ME A WuKA 3/B fol. 121 v—124 r; französische Fassung: HHStA Reichsarchive WuKA 2 fol. 341 r—342 r. Or. des Zusatzvertrags: HHStA Allgemeine XJrkundenreihe 1531 Januar 12. 25) HHStA MEA WuKA 3/B fol. 119 r; französische Fassung der kurfürst­lichen Antwort: HHStA Reichsarchive WuKA 2 fol. 342 r—343 v. 2«) HHStA MEA WuKA 3/B fol. 124 v—127 r. 22) FK 7 n. 447/9. 28) Or. des Mandats: HHStA Allgemeine Urkundenreihe 1531 Januar 14; Kopie: HHStA Reichsarchive WuKA 2 fol. 336 f.

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