Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 27. (1974)
THOMAS, Christiane: „Moderación del poder“. Zur Entstehung der geheimen Vollmacht für Ferdinand I. 1531
Moderation del poder 103 Darstellung der mannigfaltigen politischen Aktionen zu deuten. Integrierend muß die Haltung der beiden Personen zueinander, um deren Rang im Reich es geht, in den Blickpunkt gestellt werden. Unbeschadet aller anderen bestimmenden Faktoren ist die Beziehung des mit beiden Vollmachten Rechte abtretenden Kaisers zu dem durch eben diesen Abtretungsakt empfangenden König von eminentem Gewicht. Wenn es Absicht dieser Untersuchung ist, ostensibles und geheimes Gewaltinstrument in Relation zu setzen, so stößt man damit zu einigen Aspekten des persönlichen und reichsrechtlichen Verhältnisses der Brüder vor, denn beide Stücke sind nicht nur für Ferdinand relevant. Analysen lassen Machtvollkommenheit oder Machtlosigkeit für Karl und Ferdinand, gegenseitiges Vertrauen oder Mißtrauen in einem entscheidenden Stadium ihrer Beziehungen sichtbar werden. Berechtigt ist die Fragestellung auch durch die Verlagerung der politischen Akzente vom Älteren auf den Jüngeren, die sich mit der endgültigen Zustimmung der auf kaiserlicher Seite stehenden Kurfürsten zur Wahl Ferdinands Anfang November 1530 abzuzeichnen beginnt6). Die politische Aktivität Karls zur Einsetzung eines Vertreters im Reich ist auch nicht mit dem Wahl- und Krönungstag 7), sondern erst dann abgeschlossen, als er Mitte Februar die Papiere zur Übertragung der Reichsverwaltung absendet8) und damit in gewissem Sinn unwiderruflich seinen Plan, sein Versprechen erfüllt hat. In Zukunft liegt der Schwerpunkt bei Ferdinand, dessen stufenweiser Aufstieg jetzt seine praktische Bewährung erfährt. Es hat den Anschein, daß die unerhörten Anstrengungen der vorangegangenen Jahre, diese Wahl bei den Kurfürsten durchzusetzen, die AufmerkFriedrich der Großmütige 1503—1554 1: Johann Friedrich bis zu seinem Regierungsantritt 1503—1532 (Jena 1903) 68—80. Für die finanziellen Abmachungen: Götz Freiherr von Pölnitz Anton Fugger und die Römische Königswahl Ferdinands I. in Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 16 (1951/52) 317—349. Archivalische Grundlage für den Ablauf der Wahl: Haus-, Hof- und Staatsarchiv (= HHStA) Wien, Mainzer Erzkanzlerarchiv Wahl- und Krönungsakten (= MEA WuKA) 3/B fol. 45 r—129 v, 133 v—134 v. Zeitgenössische Beschreibung der Wahlzeremonien: (Paul Pesl) Warhafftyge und aigentliche verzaichnüs ... Kay ser Karls des fünfften sambt seiner Kayserl. Maiestat Brüder s Künig Ferdinanden Raiß nach Cölln zu der fürgenommen Election ... (Wien 1531). — In Wien beschäftigt sich Alfred Kohler mit einer Monographie über die Wahl Ferdinands, während Ernst Laubach (Münster) die Wahl in Hinblick auf die Sukzessionsfrage und das Kaisertum Ferdinands untersucht. 6) Original des Vertrages von 1530 November 13: HHStA ME A WuKA 3/A fol. 41 r—42 v, gleichzeitige Kopie ebenda 3/B fol. 16 r—19 r. Prinzipielle Einigung schon Oktober 25: Müller Nuntiaturberichte 162. Die Verzögerung für den Abschluß bildete wohl das noch ungelöste Problem der Einbeziehung oder des Ausschlusses Sachsens. 7) Wahltag (1531 Januar 5): Ferdinand an Maria, 1531 Januar 4 Köln: FK 3 n. 446/4; Krönung (1531 Januar 11): Ferdinand an Maria, 1531 Januar 15 Aachen: FK 5, 7 f n. 447/9. 8) Karl an Ferdinand, 1531 Februar 14 Brüssel: FK 42 n. 458/6.