Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 26. (1973)

KÖFLER, Werner: Beiträge zum Urkundenwesen Meinhards II. in den Jahren 1271 bis 1295

Urkundenwesen Meinhards II. 87 Die Zeugen sind Zeugen der Handlung, die Urkunde ist reine Be­weisurkunde. Eine Tauschurkunde für das Kloster Georgenberg (1274 Februar 24 Thaur, Reg. 103) folgt ganz dem Diktat Wilhelms mit der einleitenden Arenga: „Dignum est et necessarium, ut res geste perpetuo mansure ne in contradic­tionem aliquam venire valeant vel oblivionem certis litterarum testimoniis commendentur. Hinc est quod M ... patere volumus universis tenorem presen- cium inspecturis, nos .. Siegelankündigung: „In huius rei testimonium presentes dicto abbati et conventui dari fecimus nostri sigilli robore communitas coram hiis testibus ... et aliis multis. Actum in castro ...“. Es ist dies ein Beispiel mehr, wie sehr gerade in den siebziger Jahren die landesfürstliche Urkunde noch dem Diktat der einzelnen Schreiber ver­pflichtet ist. In den letzten eineinhalb Jahrzehnten der Regierung Mein­hards ist eine weitgehende Vereinheitlichung aller urkundlichen Erzeug­nisse der Kanzlei bemerkbar. Die verschiedenen Diktate der Schreiber münden in einen festen Kanzleigebrauch, Ausstattung, Format und Schrift hingegen zeigten schon stets unverkennbare Gemeinsamkeiten. Seit Beginn der achtziger Jahre weist auch diese Urkundengattung den moderneren Aufbau mit Intitulatio und Publicatio ohne Arenga auf. Die Urkunde von 1283 (Reg. 385) für das Kloster Georgenberg ist bereits zeugenlos. X Eine besondere Bedeutung errang die landesfürstliche Urkunde in der Fixierung von Rechtsgeschäften zwischen den Unter­tanen. Urkunde und Siegel des Herrschers verliehen dem Geschäft erst volle Gültigkeit, die Bedeutsamkeit verlagert sich allmählich vom For­malakt auf die Beurkundung. Diese Urkundengruppe scheint in ihrer halbdispositiven Funktion den Weg zur reinen Geschäftsurkunde mit­geebnet zu haben. Es lag nahe, daß im besonderen die Ministerialen Meinhards außerhalb des Herrschaftsbereiches des öffentlichen Instrumen­tes die landesfürstliche Urkunde beanspruchten und daß es vor allem die Klöster waren, die ihre Besitz- und Rechtstitel durch Urkunden der höch­sten Instanz des Landes garantiert wünschten! So sind hier vor allem die zahlreichen Schenkungs-, Stiftungs-, Tausch- und Kaufsbestätigungen für die einzelnen Klöster zu nennen. Stams nimmt dabei — wie schon festgestellt wurde — eine Sonderstellung ein: es kommt hier in überwiegendem Maße zu Empfängerherstellung, die Stiftungen werden entweder von Meinhard in subjektiver Form be­richtet und bestätigt, oder der Stifter tritt in subjektiver Form auf und bittet in Ermangelung eines eigenen Siegels oder zusätzlich zu seinem eigenen Siegel den Landesfürsten um Beglaubigung.

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