Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 26. (1973)
KÖFLER, Werner: Beiträge zum Urkundenwesen Meinhards II. in den Jahren 1271 bis 1295
80 Werner Köfler Schriftrichtung und in einzelnen Buchstabenformen ab. Die Hand Ulschalks folgt zwar — was die Größe der Schrift betrifft — zunächst der Kanzleitradition, neigt aber schon eher zu verspielteren Formen und zu stärkeren Schlingenbildungen und schreibt in den neunziger Jahren zusehends größer. Vollkommen außerhalb des Kanzleibrauches steht Heinrich von Klausen. Er liebt die großen, runden Schriftzüge und ausgreifenden Schlingenbildungen und erreicht andererseits ein sehr geschlossenes Schriftbild. Allerdings beschränkt auch er sich in seinen Rechnungsprotokollen auf eine kleinere und asketischere Schrift, so daß die für die Rechnungsbücher noch lange über Meinhard hinaus charakteristisch gebliebene Art der platzsparenden, dem nüchternen Inhalt entsprechend schmucklosen dürren Schrift auch durch ihn nicht mißachtet erscheint. Mehrere, vielleicht von Rudolf von Meißen oder Rudolf von Brixen mundierte Stücke seit den ausgehenden achtziger Jahren brechen ebenfalls mit der herkömmlichen Schrifttradition, so daß seit ca. 1285 und besonders ab 1290 eine den allgemeinen Verhältnissen der Zeit entsprechende Schriftgröße die allein herrschende wird. VI Für die Erforschung des landesfürstlichen Urkundenwesens und vor allem seiner inneren Merkmale erscheint eine Aufgliederung des vorhandenen Materials in vom Inhalt und Zweck der Urkunden her gegebenen Sachgruppen als der gangbarste Weg. Nur so wird man der Vielfältigkeit des Urkundenwesens gerecht werden können. Die Untersuchungen Richard Heubergers — konzentriert vor allem auf die Urkunden der Söhne Meinhards — gipfelten in der Feststellung der Ausbildung der Urkunden zu zwei festen Formen: Privileg und Litera. Diese Ausbildung sieht er schon in den achtziger Jahren zu Zeiten Meinhards entwickelt. Nun stellte Heuberger aber selbst fest, daß „eine genauere Behandlung desselben (— Urkundenwesen der tirolischen Landesfürsten in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts) noch untunlich sei, da alle Vorbedingungen dafür fehlen. Zunächst ist nur ein sehr geringer Teil der landesfürstlichen Urkunden gedruckt und auch dieser da und dort zerstreut, das archivalische Material aber ... ebenfalls nicht an einem Orte konzentriert. Dies hat für die vorliegende Untersuchung zur Folge, daß das zugrunde liegende Material ein sehr lückenhaftes ist, da außer dem gedruckten Material abgesehen von einzelnen Stücken aus dem bayrischen Reichsarchiv in München, nur die in den Innsbrucker Archiven befindlichen Urkunden herangezogen werden konnten“ 102). Da nun in den Innsbrucker Archiven 102) Heuberger Urkunden- und Kanzleiwesen 55. Heuberger hat also den großen und wesentlichen Urkundenbestand im Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien aus der meinhardinischen Zeit nicht herangezogen.