Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 26. (1973)

KÖFLER, Werner: Beiträge zum Urkundenwesen Meinhards II. in den Jahren 1271 bis 1295

Urkundenwesen Meinhards II. 79 gung des Pergamentpresseis oder der Hanfschnur (in seltenen Fällen) umgefaltet. Es wurde durchwegs einwandfreies Pergament verwendet. In weitaus überwiegenden Fällen wurde das Siegel mittels eines an der Plica befestigten Pergamentpresseis oder einer Schnur angehängt. Da­neben weisen aber einige Stücke an der linken Ecke abhangende Siegel auf 10°); diese altertümlichere Form der Siegelbefestigung verschwindet dann in den achtziger Jahren. Eine eigenartige Form der Aufhängung zeigt eine Urkunde von 1275 Mai 25 Innsbruck (für Georgenberg, Reg. 137): Es ist wohl eine Plica aufgebogen, das Siegel hängt aber trotzdem an einem von der Urkunde abgetrennten Streifen an der rechten Ecke. Ab 1286 führte Meinhard als Herzog von Kärnten das Reitersiegel mit der doppelten Umschrift* 101). In der Münzordnung von 1286 Oktober 22 Judenburg (Reg. 509) für die Kärntner Münzen zeigt das große Reiter­siegel auf der Rückseite ein auf gedrucktes Sekretsiegel: einköpfiger Adler, + GLAVB MIR. In keiner der anderen Erscheinungen der äußeren Form manifestiert sich der gefestigte Kanzleigebrauch stärker als in der Schrift. Es ist eine kleinstformatige, sehr kursive Kanzleischrift, die auf jegliche Über­treibung einzelner Formen verzichtet. Höchstens der erste Buchstabe der Urkunde wird etwas vergrößert, ansonsten sind alle bis zu einfachsten Formen reduziert. Die Höhe der Mittellängen beträgt einen Millimeter und weniger. Es sind die Schreiber Wilhelm, Rudolf von Isny, Albero, Dietrich und Ulschalk, die diesen für die Tiroler Kanzlei charakteristisch zu nennenden Duktus vertreten (allerdings war auch er in den achtziger Jahren einer Entwicklung zu größeren Formen hin unterworfen). Trotz der nahen Verwandtschaft der einzelnen Schriften ist dem, der sich häufiger mit ihnen beschäftigt, doch eine Differenzierung der einzel­nen Hände nach dem allgemeinen Gesamteindruck möglich; ganz be­stimmte, jedem Schreiber eigentümliche Formen einzelner Buchstaben liefern weitere Stützen für die Schriftzuweisung. Es ist interessant zu sehen, wie die Schrift Wilhelms um die achtziger Jahre größer wird, hin­gegen die Rudolfs von Isny immer kleineren und reduzierteren Formen zustrebt. Letztere Entwicklung kulminiert in seinen Rechnungsprotokol­len, in denen die Gesamthöhe der Schrift inclusive Ober- und Unterlän­gen oft nur 1 mm beträgt! Die seit 1281 aufscheinende Schrift Dietrichs von Pflugdorf weist eine große Schulverwandtschaft mit der Rudolfs von Isny auf, hebt sich aber von letzterer durch größere Regelmäßigkeit der io») 1277 Reg. 193, 1278 Reg. 240, 247, 250, 1282 Reg. 356. loi) Mit den Siegeln Meinhards II. und dessen Sohnes Otto beschäftigte sich Alfred R. Anthony von Siegenfeld Das Landeswappen der Steiermark in Forschungen zur Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte der Steiermark 3 (1900) 52 ff.

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