Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 26. (1973)
WELTIN, Max: Kammergut und Territorium. Die Herrschaft Steyr als Beispiel landesfürstlicher Verwaltungsorganisation im 13. und 14. Jahrhundert
54 Max Weltin 9) Von 1283 bis etwa 1324 nimmt der Richter von Steyr die Position des „capitaneus“ ein. Seit etwa 1307 wird seine burggrafenähnliche Stellung auch in seinem Titel ersichtlich. 10) Mit dem Auftreten eines eigenen Burggrafen und Richters (1325) ist der Zeitpunkt der Herausnahme der Stadt aus dem herrschaftlichen Landgerichtssprengel gegeben (Ausbildung des Burgfriedens). 11) Die rechtliche Bestimmungen enthaltenden Artikel des Stadtrechts von Steyr (1287) können nicht, wie Mitterauer es versuchte, mit scheinbar ähnlich klingenden der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts in Beziehung gesetzt werden. Der sehr unklare Artikel 1 läßt sich ohne weiteres aus der politischen und rechtlichen Konstellation seiner Entstehungszeit erklären. 12) Die bedeutendsten Ministerialengeschlechter der Herrschaft Steyr (Vol- kensdorfer, Starhemberger) beginnen aus der Herrschaft abzuwandern, da innerhalb derselben die Möglichkeit, eine eigene Herrschaft zu bilden, gering ist. Die politisch maßgebliche Schicht werden die kleineren Ministerialen, die uns um 1220 als „cives Stirensis“ entgegentreten. Gegen Ende des 13. Jahrhunderts versuchen die durch den Eisenhandel reich gewordenen Bürger ebenfalls entsprechenden Einfluß zu erlangen. Die Folge ist der korporative Zusammenschluß sowohl der Ritter (zur „gemein der ritter ze Steyr“) als auch der Bürger (zur „gemein der bürger ze Steyr“). Besonders die Gruppenbildung der letzteren ist mit ein Grund zum endgültigen Auseinanderfallen von Stadt und Herrschaft nach 1320. 13) Zwischen 1328 und 1331 fand die erste in den Quellen erkennbare Reform der landesfürstlichen Herrschaft Steyr statt, die von einem aus Schwaben stammenden Fachmann durchgeführt worden ist. 14) Ein Privileg Albrechts III. von 1378, durch das angeblich die Jurisdiktionsgewalt des herrschaftlichen Pflegers aufgehoben worden sein soll, konnte als auf einen Sonderfall bezogen interpretiert werden. Anhang 1273 Juni 22 Burg Steyr. Konrad von Volkensdorf überläßt dem Ulrich von Kapellen einen Hof und zwei Drittel eines zweiten in Tobra unter Vorbehalt der Einwilligung des Lehensherrn, König Ottokars II. von Böhmen. Orig. 14 :11,5, Plica. Siegel Irnfrieds von Krems (auf dreieckigem, gespaltenem Schild rechts aufgerichtet ein Panther, links ein Haupt- und ein Mittelbalken), Umschrift S(IGILLUM) IRNVRIDI FILII GOZZONIS und Konrads von Volkensdorf (Fellsiegel), Umschrift S(IGILLUM) KONRADI DE VOLKENSDORF an Pergamentpressei. Rückseite: Archivvermerk des 17. Jahrhunderts: Volcker- storf über Tobra 1273 Capeln. HHStA Wien, AUR. Auszug bei Job Hartmann Enenkel Auffzeich Buech (1602—1608) Niederösterreichisches Landesarchiv Wien, Hs. 78 pag. 98 aus dem alten capellischen Briefbuech.