Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 26. (1973)

WELTIN, Max: Kammergut und Territorium. Die Herrschaft Steyr als Beispiel landesfürstlicher Verwaltungsorganisation im 13. und 14. Jahrhundert

52 Max Weltin deren Folgen für die Stellung der Pflegschaft Steyr gegenüber der Haupt­mannschaft ob der Enns ebenfalls einer Untersuchung wert wären 288), erlaubt noch eine kurze Stellungnahme zu der immer wieder in der Lite­ratur auftauchenden Behauptung, 1378 sei durch ein Privileg Albrechts III. die Jurisdiktionsgewalt des Burggrafen oder Pflegers der Herrschaft über die Stadt aufgehoben worden 289). Die Niedergerichtsbarkeit hatte die Stadt selbstverständlich seit der Ausbildung des eigenen Burgfriedens, die Blutgerichtsbarkeit erhielt sie nachweisbar erst im 16. Jahrhundert 290). Von welcher Jurisdiktionsgewalt also sollte der Herzog die Steyrer be­freit haben? Bei näherer Betrachtung des „Privilegs“ von 1378 löst sich dieser Wider­spruch ziemlich mühelos. In dieser Urkunde291) ordnet Albrecht III. an, daß der Richter Heinrich Kundler, Wendlin Teuerwanger, Heinrich Vorster, Ulrich Schmidt, Friedrich Lederer, Großmann der Schreiber, Jans Tunsinger, Jans Spereisen und Dietrich der Reseh, alles Bürger von Steyr, die an der „Sackung“ Siegleins des Schwarzen unschuldig seien, in dieser Angelegenheit straffrei blei­ben sollten. Besonders dürfe sich nicht Friedrich Schwarz, der Bruder des Sieglein, rächen. Der Herzog gebietet weiters dem Burggrafen von Steyr, daß er „den egenannten unsern Bürgern von Steyr und ihren erben noch mit ihren gut von der Sachen wegen nit soll zu schaffen haben in keinen weg.“ Halten wir zunächst fest, daß mit „sacken“ natürlich nicht, wie Preuenhue- ber und auch die Herausgeber des 9. Bandes des UBOE annehmen, die Strafe des Ertränkens gemeint ist. Sieglein Schwarz wurde ganz einfach ausgeplündert (vielleicht hatte er gegen Handelsvorrechte der Steyrer verstoßen) 292 *). Friedrich Schwarz, der namentlich angeführte Bruder des Sieglein, war aber ein Lehens­mann Rudolfs und Heinrichs von Wallsee2B2). Rudolf von Wallsee wiederum war durch die Verpfändung von 1374 Burggraf von Steyr geworden, und so bot sich für Sieglein fraglos die Möglichkeit, über den Wallseer und dessen Lehens­mann Friedrich Schwarz das ihm Abgenommene wiederzuerlangen. Man sieht, die unbedenklich zu weitgehenden rechtlichen Folgerungen herangezogene Urkunde hat ein Vorkommnis zur Grundlage, daß allein durch den Umstand, der wallseeischen Pfandschaft, die der einen Partei Regreßansprüche ermöglichte, aus dem Alltäglichen herausgehoben wor­den ist 294). 288) Unter den Wallseem taucht erstmals die Gewährleistungsformel „nach Recht des Landes ob der Enns“ in Steyr auf: UBOE 9 835 f (1380 April 20). 289) Zuletzt in Die Städte Oberösterreichs 286. 2") Ebenda. 2»i) UBOE 9 495 (1378 September 7 Wien) nach dem Druck bei Preuen- h u e b e r Annales 61 f. 292) Zum Ausdruck „Säcken“ vgl. Archiv Hoyos Horn, Urk. n. 21 (1377). Vgl. auch „Sackmann“: Grimm Deutsches Wörterbuch 8 (Leipzig 1893) Sp. 1624. 292) Notizenblatt 4 387 (1367). Zu Sieglein Schwarz: UBOE 8 460f: (1370 März 7) Ulrich der Schwarz verkauft Ruger von Starhemberg den von ihm lehenbaren Hof zu Ritzensteig in der Pfarre Hellmonsödt; Siegel: Sighart der Schwarz. 294) Unklar ist auch die Urkunde UBOE 9 482 (1378 Juli 19 Wien), in der Albrecht angeblich dem Hauptmann ob der Enns verbieten soll, Bürger von

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