Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 26. (1973)
CORETH, Anna: Richard Blaas zum 60. Geburtstag
554 Literaturberichte schrift entgangen: Das Stift ist nicht nur Widmungsträger, es bildet den Mittelpunkt jedes einzelnen Aufsatzes. Keiner der Autoren hat darauf verzichtet, Ergebnisse seines speziellen Forschungsbereiches vorzulegen, doch ordnete sich jeder ausnahmslos dem Vorhaben, die Rolle St. Florians im jeweiligen Fachgebiet zu betonen, unter. Allein schon dies verdient positiv hervorgehoben zu werden. Dazu kommt eine geschickte Anordnung der Aufsätze, die sich nicht mit einer chronologischen Abfolge begnügt, sondern gleichzeitig bruchlos von der Geschichte zur Kulturgeschichte, vertreten durch Wissenschafts-, Kunst- und Musikgeschichte, führt. So ergibt sich eine Geschlossenheit, wie sie ein Zeitschriftenband selten erreicht. Den Anfang macht Willibrord Neumüller mit einem Thema („Der heilige Florian und seine Passió“ S. 1—35), das in diesem Zusammenhang nicht fehlen darf. Die Passio brevior zum ersten Mal kritisch ediert zu haben, ist bestimmt verdienstvoll; befremdend berührt allerdings der eigenartige „Mischstil“, der sich mit einer deutschen Übersetzung der Quelle und der Definition von für den Mediävisten selbstverständlichen Grundbegriffen anscheinend an ein größeres Publikum wenden will, andererseits gerade durch die Herausgabe der kürzeren Fassung mit ihrem komplizierten Variantenapparat diesen Leserkreis wieder ausschließt. — Siegfried Haider („Passau—St. Florian—St. Pölten“ S. 36—49) untersucht die Zeugenreihen der auf den Namen Bischof Altmanns von Passau lautenden Fälschungen, um daraus Beobachtungen für die Institution der Archidiakonate in der Diözese Passau abzuleiten. Daß hiebei „die Identität des bischöflichen Kaplans (i. e. Imbertus, Isanbertus) mit dem Florianer Propst (i. e. Isinbertus) ... somit nicht mehr bloß wahrscheinlich, sondern mit Sicherheit gegeben“ ist (S. 49), scheint der Rezensentin etwas zu bestimmt formuliert. Eine kleine Korrektur für die Wahl eines Verbums: der Ausdruck „rekonstruieren“ für unsere Kenntnis einer im Original verlorenen Urkunde ist dann nicht angebracht, wenn abschriftliche Überlieferungen in Form eines Insertes und einer Eintragung in einen Traditionskodex vorhanden sind (S. 38). — Die vollständige Bearbeitung und Aufschlüsselung der sogenannten „Kirchweihchronik“ unternimmt Alois Zauner („Die ,Kirchweihchronik“ des Stiftes St. Florian“ S. 50—122), der den Namen mit Recht auf den ersten chronikalischen Teil der Handschrift beschränkt wissen möchte und die beiden anderen Partien ihrem Inhalt entsprechend mit „Weiheurkunden und Ablaßbriefe“ und „Urkundenabschriften“ betitelt. Da die Edition der 140 Weiheurkunden den in diesem Rahmen gegebenen Umfang überschreiten würde, werden die Nummern 57—140 im nächsten Band wiedergegeben. — Der überlegenen Sachkenntnis von Othmar Hageneder („Das Kloster St. Florian im Rahmen der spätmittelalterlichen Gerichtsverfassung des Landes ob der Enns“ S. 123—161) ist eine überaus klare und instruktive Darlegung intrikater rechtsgeschichtlicher Begriffskomplexe zu danken, durch die die Bedeutung der mit der herzoglichen Vogtei betrauten Personen charakterisiert und deren Aufgabenkreis abgegrenzt wird. — Nach der weit ausholenden Einleitung enttäuschen die Ausführungen von Josef Lenzenweger („Das Stift St. Florian und die